genug. Sie müssen auch ein schlechtes Gewissen haben, weil Sie bei vielen Bestimmungen das Augenmaß verloren haben und auch damit gerade die wirtschaftlich Schwachen treffen.
Aber Sie verstoßen auch – das ist eine der gravierendsten Verfehlungen, die Ihnen vorzuwerfen ist – gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und erschüttern damit das Vertrauen des Bürgers in die Kontinuität der Gesetzgebung.
Herr Kollege Jaud hat viel von Vertrauen und Hoffnung gesprochen, die wir setzen müssen. Ich behaupte, Sie haben gerade mit der Vorlage dieses Sparpaketes das Vertrauen der Bevölkerung erschüttert. Sie haben behauptet, Sie treten für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich ein und sorgen für die entsprechenden Rahmenbedingungen. Sie vergessen aber – abgesehen von den Belastungen, auf die ich noch zu sprechen komme – auf eine der wichtigsten Rahmenbedingungen, die notwendig sind, damit eine kontinuierliche und gute Wirtschaftsentwicklung gewährleistet ist, nämlich das Vertrauen der Wirtschaft und der Unternehmer darin, daß unternehmerische Entscheidungen letztlich kurz-, aber auch mittelfristig halten und nicht durch eine zuwiderlaufende Gesetzgebung konterkariert werden. (Bundesrat Jaud: Alle Daten beweisen, daß die Wirtschaft das als gut bezeichnet, was jetzt gemacht wird!)
Ich komme gleich darauf zurück. Sie können sich dann zu Wort melden und mir beweisen, daß das, was ich jetzt erörtern werde, für die Wirtschaft gut ist. Hören Sie bitte genau zu!
Als Gesetzgeber sind Sie verpflichtet, dafür zu sorgen, daß die Rahmenbedingungen über einen übersehbaren Zeitraum unverändert bleiben. Unternehmerische Entscheidungen, die zu einem Zeitpunkt gefällt wurden, als Sie Ihre Bedingungen aufgestellt haben – und bevor Sie diese wieder änderten –, müssen umsetzbar sein.
In diesem Zusammenhang ist zum Beispiel die Frage des Standortes zu erwähnen. Es wurde angesprochen, daß Österreich ein besonders guter Wirtschaftsstandort ist. Leider deckt sich diese Aussage nicht mit den Meinungen ausländischer Unternehmen. Denn der Standort Österreich ist in den letzten Jahren leider in der Bedeutung gesunken. Zu der Standortfrage gehören die Fragen des Wirtschaftsklimas, der Bürokratie, der Lohnnebenkosten und der unbezahlten Leistungen, die die Unternehmen für den Staat erbringen müssen, wie dies zum Beispiel bei der Lohnverrechnung und der Krankenkassenverrechnung der Fall ist. All diese Dinge sind weitere Punkte, die zum Vertrauen in die Kontinuität der Gesetzgebung zählen.
Es kann sich doch lediglich um ein billiges und durchschaubares Ablenkungsmanöver der Wirtschaftsverantwortlichen innerhalb des ÖVP-Wirtschaftsbundes handeln, wenn Sie eine Kampagne unter dem Titel "Stopp der Gesetzesflut" starten, und man dann ein Konvolut vor sich hat, worin mit 98 Artikeln Gesetze geändert werden und die Unübersichtlichkeit der Gesetzgebung damit erst recht demonstriert wird. Das kann nur ein Ablenkungsmanöver sein.
Meiner Meinung nach ist es jedoch noch viel ärger, wenn eine Unterschriftenaktion des Wirtschaftsbundes gestartet wird, die auf Abschaffung der Getränkesteuer plädiert, und dann derselbe Wirtschaftsbund und dieselben Wirtschaftsvertreter im Nationalrat einem Antrag der Freiheitlichen, der sich mit der Abschaffung der Getränkesteuer beschäftigt, nicht zustimmen. Das sind wirklich nicht die Wirtschaftsvertreter, die wir uns wünschen. Bei einer solchen Vorgangsweise wundert es mich nicht, daß sich die Wirtschaftskammer bei einem derartigen Vertrauensbruch der Regierung gegenüber den Unternehmern nicht dazu durchringen kann, eine Sondersitzung darüber einzuberufen, sondern bestenfalls bereit ist, darüber einen Kaffeeklatsch abzuhalten.
Das ist aber nicht nur eine Standortfrage, sondern für viele Betriebe auch eine Überlebensfrage. Da nützt es nichts, wenn hier lauthals ein Bekenntnis oder eine Absichtserklärung abgegeben wird, daß 50 000 neue Betriebe mit 80 000 neuen Arbeitsplätzen geschaffen werden oder eine Gründerwelle ansteht, wenn Sie nicht einmal in der Lage sind, die derzeit bestehenden Betriebe am Leben zu erhalten.
Wir stehen bekanntlich seit vier Jahren vor der anhaltend größten Pleitenwelle, die dieses Land nach dem Zweiten Weltkrieg erlebt hat, eine Pleitenwelle, die sich von Jahr zu Jahr steigert, sei
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