Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 69

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Grundsatz von Treu und Glauben und damit eine Zerreißprobe für das Steuersystem. Sie sind teilweise verfassungsrechtlich bedenklich, sozial nicht ausgewogen, und sie sind auch familien-, behinderten- und frauenfeindlich. Wir können daher dem Strukturanpassungsgesetz nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.29

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Jürgen Weiss. – Bitte, Herr Bundesrat.

14.29

Bundesrat Jürgen Weiss (ÖVP, Vorarlberg): Herr Präsident! Meine Herren Bundesminister! Hohes Haus! Die Diskussion über das Strukturanpassungsgesetz in den gesetzgebenden Körperschaften, aber auch in der Bevölkerung, erinnert ein bißchen an jene Diskussionen, die man führt, wenn eine Decke zu kurz geworden ist und man sich darüber unterhält, wohin man sie denn nun ziehen soll.

Aus unserer eigenen Lebenserfahrung wissen wir alle, daß die Lösung des Problems nicht daran liegt, daß man mit dem Hin- und Herziehen der zu kurzen Decke überhaupt nicht mehr aufhören will. Wir laufen Gefahr, uns auf dieser Ebene der Diskussion zu verlieren.

Im Interesse der Rechtssicherheit und der Bevölkerung gibt es viele Stimmen, die sagen: Wir wissen, daß saniert werden muß. Wir sind nicht in allen Fällen der Überzeugung, daß man punktgenau immer das Richtige getroffen hat, aber macht nun einmal ein Ende mit der Verunsicherung, was auf uns zukommen wird und notwendig ist.

Die Leute draußen wollen wissen, woran sie sind. Ich denke, daß wir ihnen diese Klarheit schuldig sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir hatten zu Beginn der heutigen Sitzung schon die Möglichkeit, ausführlich darüber zu diskutieren, welche Position die Länder zu diesem Gesetzespaket einnehmen. Sie ist in vielen einzelnen Fragen zwangsläufig durchaus kritisch. Es wird auch viele Bundesdienststellen geben, die hinsichtlich der Vollziehbarkeit einzelner Bestimmungen unterschiedliche Meinungen haben. Es ist auch gut, daß man das artikuliert.

Das Wesentliche kann aber nicht die Schlußfolgerung sein, daß man vor lauter einzelnen Bäumen den Wald nicht mehr sieht, daß man sich vor lauter Beschäftigung mit dem Detail, mit dem Großen, Ganzen nicht mehr auseinandersetzt. Das heißt in der Folge, nun endlich diesen längst überfälligen Beitrag zur Sanierung des Bundesbudgets zu leisten.

Es ist schon zu Beginn der Sitzung erwähnt worden, daß es natürlich in einer Reihe von Länderstellungnahmen Einwände gegeben hat, und man muß zugeben, daß ein strukturelles Problem dieses Gesetzespaketes damit verbunden ist, daß wir beispielsweise beim Vollziehungsaufwand vielfach im Blindflug agieren. Es wäre in manchen Fällen zweckmäßig, darüber reden zu können, ob etwa die Befürchtung einer Landesregierung, daß beim Altlastensanierungsgesetz in einem bestimmten Punkt mit einem explosionsartigen Anstieg des Verwaltungsaufwandes zu rechnen wäre, gerechtfertigt ist.

Es gibt auch kleinere Bereiche, etwa im Überwachungsgebührengesetz und bei der Änderung der Straßenverkehrsordnung, bei denen wir künftig die Situation haben, daß solche Gebühren zwar auf kurzem Wege eingehoben werden können, aber durchaus nicht müssen. In allen diesen Fällen ist durch die Bezirkshauptmannschaft ein Bescheid zu erlassen.

Auch in jenen Fällen, in denen beispielsweise Unfallbeteiligte Bedienstete des Gendarmeriepostens in Anspruch nehmen wollen und dafür die Gebühr von 500 S zu entrichten haben, ist ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft fällig, wenn die Gebühr nicht an Ort und Stelle beglichen werden kann oder beglichen werden will. Dabei tritt noch die kuriose Situation ein, daß der Erlös dieser Gebühr jener Gebietskörperschaft zufließt, die die Organe besoldet, also in diesem Fall die Gendarmeriebeamten. Die Bezirkshauptmannschaft, die aber die Arbeit mit dem Inkasso hat, geht dabei leer aus.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite