Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 97

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Aber nach langem Abwägen und etlichen Gesprächen bin ich zum Entschluß gekommen, daß es notwendig ist, dieses Strukturanpassungsgesetz heute zu beschließen, da sonst, auf lange Sicht gesehen, der Schaden für Österreich und damit auch für die Bevölkerung zu groß gewesen wäre.

Ich bin auch überzeugt davon, daß erst die Neuwahlen bewirkt haben, daß innerhalb der Koalition und in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern das Strukturanpassungsgesetz in dieser Form möglich war. Koalition bedeutet immer auch Kompromisse – dies nur nebenbei erwähnt –, und Änderungen der Struktur sind notwendig. Wir alle wissen, wie schwer es ist, bestehende Strukturen zu ändern. Das ist in der Familie so, dies ist im Betrieb so und so weiter. Und je mehr Menschen davon betroffen sind, umso schwieriger wird es. Daher denke ich, daß dieses Strukturanpassungsgesetz ein erster Schritt ist. Ich wünsche, daß die Bundesregierung und wir im Parlament – also National- und Bundesrat – aus den diesbezüglichen Erfahrungen lernen.

Erstens soll in Zukunft eine tatsächliche Kostenberechnung der zu beschließenden Gesetze auch für die Wirtschaft und für die Bevölkerung erfolgen. Zweitens soll frühzeitig ein Budgetprogramm für 1998 und länger zumindest für die jeweilige Legislaturperiode erstellt werden. Drittens sollen Lenkungsmaßnahmen des Staates in Form von Förderungen möglichst reduziert, dafür aber die Möglichkeit geschaffen werden, dem einzelnen mehr eigene Entscheidung und Gestaltung zu ermöglichen. (Beifall bei der ÖVP.)

Abschließend wollte ich diese drei Maßnahmen als Beispiel genannt haben. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

16.45

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Michaela Rösler. Ich erteile es ihr.

16.45

Bundesrätin Michaela Rösler (SPÖ, Steiermark): Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich fühle mich jetzt doch veranlaßt, nachdem bereits sehr viel über die Bezirkgerichte gesprochen wurde, auch ein paar Worte dazu zu verlieren, obwohl ich ursprünglich nur zu einem einzigen Punkt des Strukturanpassungsgesetzes reden wollte; aber darauf komme ich auf jeden Fall noch zurück.

Wir haben die Meinung gehört, daß die kleinen Bezirksgerichte nicht mehr in ihrer derzeitigen Form aufrechtzuerhalten sind, einerseits aufgrund der Einsparungsmaßnahmen, die geboten sind, und andererseits, weil man sagt, daß ein Gericht nur dann effizient arbeiten kann, wenn mehrere Richter dort beschäftigt sind, damit sie sich eben jeweils auf einzelne Bereiche spezialisieren können. Wir haben aber auch die Meinung gehört, daß man die Infrastruktur aufrechterhalten beziehungsweise weiterhin allen Menschen die Möglichkeit geben möchte, möglichst nahe in ihrem Einzugsgebiet ein Bezirksgericht zu haben; und aus diesem Grund müssen die Bezirksgerichte aufrechterhalten werden.

Ich selbst komme aus einem Bezirk mit 32 000 Einwohnern, und wir haben in unserem Bezirk drei Bezirksgerichte. Wir alle kennen die Zahlen in unserem Bereich. Wir haben schon mehrmals darüber diskutiert, und zwar nicht erst in den letzten Monaten, sondern bereits seit Jahren. Ein Bezirk hat eine Auslastungszahl von 0,2. Das heißt: Der Richter ist zu einem Fünftel ausgelastet, sprich: Es würde reichen, wenn er einen Tag in der Woche in diesem Bezirksgericht anwesend wäre.

Kollege Weilharter! Wir kennen die Diskussion ausreichend: Ich weiß, daß Sie wahrscheinlich auch aus parteipolitischen und grundsätzlichen Gründen eine andere Meinung vertreten werden. Aber ich muß wirklich sagen: Es fällt mir schwer, in diesem Fall Argumente dafür zu finden, daß solche Bezirksgerichte aufrechterhalten werden. Denn heute kann man generell sagen, daß fast alle mobil sind. Jedem steht ein Fahrzeug zur Verfügung. – Wenn ich zum Finanzamt oder zu einem anderen Amt fahre, rufe ich auch vorher an und erkundige mich, ob der zuständige Referent anwesend ist beziehungsweise kündige meinen Besuch beim entsprechenden Amt an.


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