Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 98

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(Bundesrat Pramendorfer: Die Richter sind genauso mobil wie die Bevölkerung!) Darum geht es ja! Darauf komme ich noch zurück.

Für den Fall, daß es jemandem nicht möglich ist, in die Bezirkshauptstadt zu fahren, wo ein Bezirksgericht ist, hat es heute auch die Zusicherung von Herrn Minister Michalek gegeben, daß Sprechtage an den aufzulassenden Bezirksstandorten aufrechterhalten bleiben. Da kann man vorher anrufen, daß man kommt, dann wird auch der entsprechende Akt vorhanden sein, und man hat selbstverständlich die Möglichkeit, alle Anliegen vorzubringen. Wir wissen heute, daß heute kein Problem für die Richterschaft besteht, in den einzelnen Orten Sprechtage abzuhalten; das wird zum Teil bereits heute schon praktiziert.

Es gibt weiters die Zusicherung, daß die Notariate an den Gerichtsstandorten aufrechterhalten bleiben und daß die entsprechende Infrastruktur, etwa der Anschluß an das Grundbuch, bereits überall gegeben ist. Und dort, wo diese Möglichkeit noch nicht gegeben ist, soll diese Möglichkeit geschaffen werden.

Wenn Sie ehrlich sind, müssen Sie sich wirklich fragen: Wie oft braucht der Normalbürger das Gericht? – Es ist ja nicht so, daß er alle Monate oder alle drei Monate das Gericht in Anspruch nimmt. Daher muß ich sagen, daß es in Anbetracht der Entfernungen, speziell in unserem Gebiet, sicherlich zumutbar ist, zumindest einen Gerichtsstandort in Frage zu stellen.

Ich vertrete in diesem Fall den Standpunkt, daß, da wir wissen, daß die Auslastung des zweiten Bezirksgerichtes höher ist als jene des Bezirksgerichtes in der Bezirkshauptstadt, sicherlich noch Verhandlungen geführt werden müssen und es möglich sein muß, diesen Gerichtsstandort aufrechtzuerhalten. Aber ich meine, daß es bei derart kleinen Strukturen wie im gegenständlichen Falle nicht unbedingt vertretbar ist, daß solche ganz kleinen Einheiten aufrechterhalten werden, vor allem wenn wir wissen, daß eine Auslastung des Richters keinesfalls gegeben ist, und wir überdies wissen, daß in Nebenbezirken, etwa in Judenburg oder in Knittelfeld, die wesentlich größer sind, ein größerer Bevölkerungsanteil wohnt und es dort jeweils nur mehr ein Bezirksgericht gibt. – Das wollte ich dazu noch sagen.

Eigentlich habe ich mich heute aber aus einem ganz speziellen Grund zum Strukturanpassungsgesetz zu Wort gemeldet: Ich möchte jetzt auf die Kürzung des Karenzurlaubes für Alleinstehende eingehen. Ich glaube, es ist dies insgesamt ein gesellschaftspolitischer Aspekt, der einmal diskutiert werden müßte. Man spricht immer davon, daß die Elternteile das Recht haben, den Karenzurlaub in Anspruch zu nehmen, um beim Kind zu sein. Wir sprechen aber nie davon, daß das Kind ein Recht darauf hat, von einem Elternteil beziehungsweise alternierend von Vater und Mutter betreut zu werden. Ich glaube, dieser Punkt müßte einmal diskutiert werden: das Recht des Kindes.

Genau aus diesem Grund habe ich ein großes Problem mit dieser Kürzung. Denn es wird jetzt das Recht des Kindes verheirateter Eltern und das Recht des Kindes eines alleinstehenden Elternteiles nicht gleich behandelt. Es ist zwar nicht sehr wahrscheinlich – um es so zu sagen –, daß in vielen Fällen die Teilung des Karenzurlaubes in Anspruch genommen werden wird, aber es besteht zumindest theoretisch die Möglichkeit und hätten die Elternteile die Chance, vier halbe Jahre bei den Kindern zu bleiben. Bei Alleinerziehern ist das hingegen schon rein theoretisch nicht möglich.

Daher meine ich, daß in diesem Punkt eine konservative, ja sogar eine erzkonservative Linie durchgesetzt wurde. Es wird in diesem Fall jene Familienform bevorzugt, die eben legalisiert ist beziehungsweise althergebrachten Mustern entspricht: Vater, Mutter, Kind. Man schafft zumindest legistisch die Möglichkeit, daß man in diesem Fall zwei Jahre für das Kind oder für die Kinder dasein kann. Andere Familienformen werden jedoch wirklich bestraft.

Daher fehlen mir wirklich die Argumente, wenn mich jemand darauf anspricht, das in irgendeiner Form positiv zu interpretieren. (Bundesrat Pramendorfer: Genau in diesem Bereich gab es die größten Mißbräuche!) Ich war kürzlich bei einer Diskussionsveranstaltung, da haben wir darüber gesprochen. Und das ist der zweite Punkt. Jeder sagt: Ich kenne jemanden, oder ich kenne zumindest jemanden, der jemanden kennt, der... – Das ist ein ewiges Ballspiel: Aber keiner will


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