Bundesrat Stenographisches Protokoll 612. Sitzung / Seite 103

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17.12

Bundesrat Alfred Gerstl (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wenn ich diesem Strukturanpassungsgesetz meine Zustimmung gebe, so gilt diese nicht für eine eventuelle Handelsspannenkürzung bei den Trafikanten, die durch die Änderung des Tabaksteuergesetzes hervorgerufen wird und die die Trafikanten sehr beunruhigt.

Dieses Tabaksteuergesetz soll zur Budgetkonsolidierung mit zusätzlichen Tabaksteuereinnahmen in der Höhe von rund 1,2 Milliarden Schilling jährlich wirksam werden – dies zu einem Teil durch Handelsspannensenkung für Tabakwaren im Einzelhandel. Die über 10 000 österreichischen Tabaktrafikanten – darunter fast 3 500 Tabakfachgeschäftsinhaber mit ihren Familien und Mitarbeitern, das sind insgesamt also zirka 50 000 Österreicher, die durch den Tabakwarenkleinhandel ihre Existenz bestreiten – tragen wie alle Bürger ihren Anteil zum Sparpaket bei. Zahlreiche Kriegsinvalide, Opferbefürsorgte, Zivilbehinderte und deren Familienangehörige haben über den Tabakwareneinzelhandel eine bescheidene Existenz gefunden, die bei weiterer Senkung der derzeit ohnehin geringen Handelsspanne gefährdet ist.

Es ist nicht gerechtfertigt, wenn neben einer Erhöhung der Tabaksteuer, die heute bereits in Verbindung mit der Mehrwertsteuer mit 73 Prozent vom Verkaufspreis bei Zigaretten die höchste Steuerbelastung in allen EU-Ländern darstellt, nun auch noch die Handelsspanne der Trafikanten gesenkt werden soll.

Die Handelsspanne betrug ohne Umsatzsteuer bis zur Einführung der Mehrwertsteuer, also bis 1972, für Fachgeschäfte 16,08 Prozent vom Verkaufspreis. Nach Einführung der Mehrwertsteuer wurde sie zwar nicht, wie von Kamitz seinerzeit versprochen, auf 17 Prozent ohne Umsatzsteuer angehoben, sondern von Androsch auf 16,40 Prozent erhöht, nachdem Androsch sehr wohl die Leistung und Funktion dieses Vertriebsapparates hoch bewertet und anerkannt hat.

Eine zweimalige Mehrwertsteuererhöhung seit 1973 von 16 Prozent auf 18 Prozent und von 18 Prozent auf 20 Prozent in Verbindung mit einer Handelsspannenkürzung senkte die Handelsspanne auf den nicht mehr gerechtfertigten Tiefstand von 15,42 Prozent ohne Mehrwertsteuer. Nun soll die Höhe der Handelsspanne, nachdem sie bereits weit unter jene vor dem Jahre 1973 gewährte leistungsgerechte Handelsspanne gesunken ist, weiterhin drastisch gesenkt werden.

Diese Senkung der Handelsspanne wäre aber auch das Ende zahlreicher Trafiken, die derzeit ihr Geschäft vor allem an Bahnhöfen betreiben, denn die Pacht auf Bahnhöfen wird vom Umsatz berechnet. Würde die Handelsspanne nun gekürzt werden und die Bundesbahn, wie vorgesehen, die Miete ab Juli um 40 Prozent erhöhen, bedeutet dies in manchen Fällen einen Quadratmeterpreis – jetzt hören Sie genau zu! – von bis zu 3 000 S monatlich. Summa summarum ergibt dies bei den Trafiken, die ja über 100 Stunden geöffnet haben und daher sehr personalintensiv arbeiten, eine Mietenbelastung von zwischen 300 000 S bis 500 000 S jährlich. Das kommt einer nach dem Monopolgesetz verbotenen Geschäftsbeteiligung gleich oder, anders ausgedrückt, macht den Verdacht des Mietwuchers augenscheinlich, der bekanntlich Existenzen vernichtet.

Ich ersuche daher die politisch Verantwortlichen aller befaßten Gremien, vor allem die Regierungsmitglieder, erstens dafür Sorge zu tragen, daß, wenn die Tabaksteuer erhöht wird, die Durchschnittshandelsspanne für Zigaretten für Tabakfachgeschäfte prozentuell nicht unter das Niveau von 1994 gesenkt wird, und das sind 15,42 Prozent vom Verkaufspreis ohne Mehrwertsteuer. Selbst wenn es notwendig wäre, die Aufteilungsvereinbarung des Wirtschaftsnutzens zwischen der Tabakindustrie und dem Einzelhandel zugunsten des Einzelhandels abzuändern, wäre dieser Schritt richtig.

Zweitens ersuche ich Sie, Ihren maßgeblichen Einfluß dahin gehend geltend zu machen, daß das Pachtentgelt der auf den Bundesbahnhöfen befindlichen Trafiken, unabhängig von der Höhe der Umsätze, durch ein Höchstlimit beschränkt wird, sodaß die Bundesbahnbeteiligung


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