Bundesrat Stenographisches Protokoll 613. Sitzung / Seite 63

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mismus, der Fremdenfeindlichkeit und des Rassismus – auch deswegen, weil wir Österreicher im Ausland sehr stark daran gemessen werden, wie wir solche Wiederbetätigungsmaßnahmen und Maßnahmen gegen den Antisemitismus bekämpfen.

Im Rahmen des Berichtes können wir feststellen, daß das Bekämpfungskonzept der Behörden über weite Strecken erfolgreich gewesen ist. Es wurde eine Vielzahl von Anzeigen erstattet, es konnten viele Delikte zur Anzeige gebracht werden. Wir dürfen aber nicht übersehen, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß es im Vergleich zu den Vorjahren doch zu einem Anstieg gekommen ist, vor allem zu einem Ansteigen der Anzeigen nach dem Verbotsgesetz. Leider ist es auch zu einer Zunahme der rechtsextremistischen Schmier- und Klebeaktionen gekommen.

Als erfreulich ist zu bewerten, daß es im Rahmen der Strafverfolgung gelungen ist, die führenden Köpfe der Neonazi-Szene anzuzeigen und zu inhaftieren. So waren im Dezember des Jahres 1994 insgesamt 25 Rechtsextremisten in Strafhaft oder in U-Haft. Trotz dieser guten Meldung müssen wir diesen unübersehbaren und unüberhörbaren Entwicklungen in Österreich noch konzentrierter Rechnung tragen und vielleicht mit mehr Druck als bisher vorgehen. Es kam auch zu 61 Verfahren; diese endeten alle mit einer Verurteilung.

Ich bin froh, daß es der Zufall will, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß heute auch Bundesminister Michalek gleichzeitig mit dem Herrn Innenminister im Bundesrat anwesend ist. Ich darf aus aktuellem Anlaß auf eine ungeheuerliche Prozeßführung des Richters Dr. Hans-Peter Januschke bei einem Wiederbetätigungsprozeß gegen einen Wiener Berufschullehrer eingehen.

Die Prozeßführung soll laut Medienberichten und Personen, die dem Prozeß beiwohnen, ein Skandal ersten Ranges sein. Ich darf die aktuellen Überschriften zitieren: "Dramatische Wendung im NS-Prozeß: Der Staatsanwalt lehnt Richter ab!", "Kurier" vom 23. Mai: "Richter: Teilweise Leugnung des Holocaust zählt nicht", "Presse": "Ein Lehrer, sein Richter und die Ostmark", "Standard": "Lehrer, Richter, Rechter". – So geht das weiter. – "Standard", 24. Mai: "Richter genehmigt die ,halbe’ Auschwitz-Lüge. Der Richter: Ich bin Nationaler.", "Presse", 24. Mai: "NS Prozeß: Zeuge durfte Lehrer helfen". – Es gibt noch viele weitere Beiträge in allen österreichischen Zeitungen und auch in Rundfunk und Fernsehen.

Soll Richter Januschke, meine sehr geehrten Damen und Herren, trotz der Sympathie für die Wiederbetätigung, der Sympathie für den Angeklagten, aus der er kein Hehl macht, unerklärlicherweise weiter in Österreich sein Amt ausüben dürfen? – Ich persönlich bin froh darüber, daß die Vereinigung der österreichischen Richter sofort reagiert hat. Sie hat nämlich gestern die Einleitung eines Ausschlußverfahrens beschlossen.

Herr Bundesminister Michalek! Sollte der Prozeß – so wie Zeugen berichten – tatsächlich so abgelaufen sein, wie es seit Tagen im Rundfunk und in den Zeitungen dargestellt wird, protestiert meine Partei – nicht nur meine Partei, ich glaube, auch viele Österreicherinnen und Österreicher – ganz entschieden gegen eine derartige Verzerrung und Voreingenommenheit eines österreichischen Richters. Aufgrund des bisherigen Prozeßverlaufs habe ich Sorge um die demokratische und rechtsstaatliche Richterschaft in Österreich. Ich glaube, daß deren Grundlage durch solche Richter gefährdet ist. Es kann nicht ausgeschlossen werden, daß dieser Prozeß ein trauriges Schauspiel für Österreich wird und sicherlich kein gutes Beispiel für unsere Jugend sein kann.

Wir sind froh darüber, daß die Jugend in Österreich in ihrer absoluten Mehrheit solchen Strömungen wie Antisemitismus, Rechtsextremismus, Radikalität entgegentritt. Es kann aber auch nicht ausgeschlossen werden – obwohl der Prozeß gestern auf September vertagt worden ist; man könnte das aber aufgrund der bisherigen Interpretation des Richters erwarten –, daß die Entscheidung des Gerichtes schon vorgezeichnet erscheint.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, es ist höchste Zeit, sich auch bei Gericht rechtzeitig vor solchen Entwicklungen zu distanzieren. Sollte dies nicht sehr bald und deutlich geschehen, ist nicht auszuschließen, daß die folgenden Sicherheitsberichte, die wir in diesem Haus zu diskutieren haben werden, im Hinblick auf das von mir im besonderen angesprochene


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