Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 60

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Ich nenne Ihnen nur ein Beispiel: Wir – die Kollegen von der Österreichischen Volkspartei und die Kollegen von der Sozialdemokratischen Partei – haben in unseren Fraktionen im Europäischen Parlament erfolgreich dafür geworben, daß es vor drei Wochen eine Anfrage und eine Anfragebeantwortung gegeben hat, um einen neuen Impuls bei der Verwirklichung der tatsächlich höheren Umweltwerte, die die neu beigetretenen Staaten eingebracht haben, in der Gesamtunion zu erreichen.

Es gehört eben zur parlamentarischen Realität, daß diese beiden politischen Gruppierungen sich um das Stattfinden dieser Auseinandersetzung und die sehr positive Beantwortung durch die Kommissarin gekümmert haben: Sie – und auch die Liberalen – haben dort den österreichischen Standpunkt in Wortmeldungen vertreten und eine Resolution des Parlaments erarbeitet, in der ausdrücklich gefordert wird, daß die höheren schwedisch-finnisch-österreichischen Grenzwerte für die gesamte Union verbindlich werden sollen. Es gehört aber ebenso zur parlamentarischen Realität von Brüssel, daß es die Vertreter der Freiheitlichen nicht für notwendig gehalten haben, in der Debatte österreichische Standpunkte zu vertreten, und daß es der Vertreter der Grünen nicht einmal für notwendig gehalten hat, hinzukommen und für diese Resolution zu stimmen. – Das ist eben die Realität der Europapolitik, daß sie die einen betreiben und die anderen von der Seite hineinkeppeln. (Beifall bei der SPÖ.)

Da das Thema der Ordnungsrufe in der letzten Zeit ein verhältnismäßig aktuelles geworden ist, will ich den bekannten österreichischen Spruch darüber, was ein Kiebitz zu tun hat, nicht wörtlich zitieren, aber die Kolleginnen und Kollegen können den Satz vervollständigen. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel. ) Sehen Sie, wir haben eine Menge Erfreuliches zu feiern! Das Lachen wird uns nicht vergehen! (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Riess-Passer. )

Frau Kollegin! Sie haben in Brüssel tatsächlich keinen bleibenden Eindruck zugunsten Österreichs hinterlassen. Wir hingegen haben ein paar Akzente setzen können, und wir müssen daran arbeiten, diese Akzente zu vertiefen. Daß dabei in wechselseitiger Richtung durchaus auch Ermunterung und Nachhilfe erforderlich sind, ist schon richtig. Das gilt für die Politik, das gilt aber auch für die Interessenvertretungen und für die einzelnen Unternehmen.

Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel: Ich habe mir letzte Woche die Liste jener Agrarprodukte und Lebensmittel geben lassen, für die eine bestimmte Bezeichnung geschützt ist und solcherart sichergestellt wird, daß nicht ein anderes Land oder Produzenten in einem anderen Land diese Produkte auf den europäischen Markt bringen können. Ich sage Ihnen ehrlich, daß ich ziemlich entsetzt war, daß so wenige österreichische Produkte auf dieser Liste sind. Ich glaube, es waren der Tiroler Graukäse, der Marchfeldspargel, die Wachauer Marillen und irgendein Viertes, das mir jetzt nicht einfällt. (Zwischenrufe.) Ja, das steirische Kernöl, das ist das vierte. Daß dieses Land sehr viel mehr typische Produkte hat, die zu schützen sinnvoll wäre, wissen wir alle, und die Unternehmen sind herzlich einzuladen, über ihre Interessenvertreter und über die Öffentlichkeit diese Möglichkeit zu nützen.

Es ist richtig, daß Österreich in manchen Räten nicht immer hochrangig genug vertreten war und daher der eine oder andere Standpunkt vielleicht nicht so effektiv durchgesetzt werden konnte. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Woran liegt das?) Frau Kollegin! Wir versuchen hier, eine Aussprache zu führen und uns nicht gegenseitig anzuschreien. (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Riess-Passer .) Frau Kollegin! Ich habe Ihnen in aller Ruhe gesagt, daß Ihre Vertreter in einer wichtigen Debatte nicht das Wort ergriffen haben. Die Schlüsse, die Sie, die österreichische Öffentlichkeit oder sonst jemand daraus ziehen, sind eine eigene Sache. Ich verhehle aber auch nicht, daß ich mit der Mitarbeit mancher Regierungsmitglieder im Rat nicht ganz glücklich bin. Wir wollen jedoch eine Aussprache führen und uns nicht gegenseitig anschreien.

Die österreichische Impulsgebung verdient es, nach eineinhalb Jahren kritisch betrachtet zu werden. Ich habe einige Erfolge angeführt; ich weiß, daß wir in anderen Bereichen nicht so weit gekommen sind, wie wir uns das gewünscht hätten. Aber eines – das, glaube ich, muß man Ihrer Bilanz schon entgegenhalten – ist zweifellos erreicht worden: Es hat dieses Land überall dort, wo die entsprechenden österreichischen Institutionen die Möglichkeiten der gemeinsamen


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