Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 82

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

hauptmänner die Zusammenarbeit wesentlich verbessert wurde und die ursprünglich reservierte Haltung des Bundeskanzleramtes zurückgenommen wurde.

Die Länder haben auch erfahren, daß bei der Zusammenstellung von Verhandlungsdelegationen zu auch die Länder betreffenden EU-Vorhaben versucht wurde, sie teilweise mit dem Hinweis auszubooten, daß bei Übermittlung sämtlicher Informationen und bei Einrichtung einer innerstaatlichen Koordinationsgruppe die Notwendigkeit zur Beteiligung an Verhandlungsdelegationen nicht mehr zum Tragen komme. – Das ist natürlich eine völlige Verkennung der Verfassungsrechtslage und auch der 15a-Vereinbarungen, in denen die Rechte der Länder ausdrücklich festgehalten wurden. Wir haben in Hinblick darauf ein bißchen den Eindruck, daß dieser Rückgriff auf den den Länder zustehenden Sitz besonders immer dann einsetzt, wenn sich zwei Ministerien nicht darauf einigen können, wer in Brüssel den österreichischen Sitz einnehmen soll. (Bundesrätin Dr. Riess-Passer: Kommt so etwas denn überhaupt vor?) Warum nicht?

Damit möchte ich schon zum Schluß kommen: Es wird daher davon auszugehen sein, daß die Länder bei den über die Regierungsvorlage hinaus notwendigen weiteren verfassungspolitischen Schritten auch auf die in Punkt 6 der politischen Vereinbarung von Perchtoldsdorf enthaltenen Zusage zurückkommen werden, daß die Mitwirkung der Länder an der Europäischen Integration nach Maßgabe künftiger Entwicklungen ausgebaut werden soll. Eine solche internationale Entwicklung ist durchaus festzustellen. Die Bundesrepublik Deutschland hat ihr Länderbeteiligungsverfahren in einer für die Länder sehr vorteilhaften Weise inzwischen stark ausgebaut, und auch Belgien hat ein Modell der Beteiligung der Regionen und der autonomen Gemeinschaften entwickelt, das weit über das in Österreich den Ländern möglich Gemachte hinausgeht. Es ist also eine internationale Entwicklung durchaus zugunsten der kleineren Gemeinschaften eingetreten, die man in Österreich nachvollziehen sollte.

Ich persönlich halte eine solche Nachbesserung des Länderbeteiligungsverfahrens und auch der Einbindung des Bundesrates selbst vor allem angesichts der auch in Länderzuständigkeiten hineinreichenden, an sich wünschenswerten starken Stellung des Nationalrates für unerläßlich, gerade wenn wir von einer Vertiefung der Europäischen Gemeinschaft reden. In Anbetracht der Europawahl sollten wir, glaube ich, den Ländern und Gemeinden und auch uns selbst den Eindruck vermitteln, daß wir uns nach wie vor intensiv, um Max Frisch abzuwandeln, "in unsere eigenen Angelegenheiten mischen" können. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der SPÖ.)

14.48

Präsident Josef Pfeifer: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr DDr. Franz Werner Königshofer. – Bitte.

14.48

Bundesrat DDr. Franz Werner Königshofer (Freiheitliche, Tirol): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Ich möchte bei der Debatte über diesen Bericht doch noch auf einige Punkte eingehen, über die meine Vorredner ebenfalls schon gesprochen haben.

Zuerst zum Bereich der Europäischen Menschenrechtskonvention: Wenn man nachliest, was in diesem Bericht abgehandelt wird, dann muß man sagen, das ist einigermaßen dürftig. – Ich darf zitieren: Die politischen und rechtlichen Auswirkungen eines Beitritts der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention sind noch eingehend zu prüfen.

Weiters ist hier zu lesen: Im Falle eines Beitritts zur Europäischen Menschenrechtskonvention würde die gerichtliche Kontrolle der Einhaltung der Grundrechte durch die Organe der Europäischen Union durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sichergestellt." – Ende des Zitats.

Ich frage mich, warum eine Regierungskonferenz in dieser für die Menschenrechte in Europa so wichtigen Frage derart zögerlich vorgeht, daß gleichsam nur gefaselt wird. Soweit mir bekannt ist, sind doch die europäischen Mitgliedstaaten in überwiegender Mehrzahl, wenn nicht alle, dieser Europäischen Menschenrechtskonvention bereits beigetreten. Warum ziert sich die Union selbst davor, dieser Konvention zum Schutze der Menschenrechte beizutreten? – Ich frage mich


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite