Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 84

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nicht die Agrarindustrie dahinter? – Die Schildlausdebatte war eine Harmlosigkeit gegen das, was wir heute mit BSE und Rinderwahn erleben!

Meine Damen und Herren! Das ist die reale Entwicklung in der Europäischen Union! Diese Entwicklung schafft vor allem Abhängigkeiten. Tag für Tag werden mehr und neue Abhängigkeiten geschaffen. Das wollen wir Freiheitlichen nicht, und deshalb werden wir uns die Dinge etwas kritischer anschauen!

Jetzt noch zur WWU, der Währungs- und Wirtschaftsunion. Dieses Thema zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Bericht. Aus den Kapiteln Beschäftigung und Transparenz wurde schon zitiert. Jetzt stellt sich die Frage: Wer wird bei dieser Währungs- und Wirtschaftsunion mitmachen? – Da geht es um die Erfüllung der sogenannten Maastrichter oder Konvergenzkriterien. Ich habe schon vor zwei Jahren, im Mai 1994, hier in diesem Hause davon gesprochen, daß ich befürchte, daß diese Konvergenzkriterien aufgeweicht, geändert, reduziert werden könnten, um so den Ländern, die diese Kriterien nicht erfüllen, den Zugang zu einer gemeinsamen europäischen Währung zu ermöglichen. Damals sind von Ihnen Zwischenrufe gekommen, etwa: Woher haben Sie diese Szenarien, Herr Kollege? – Ich habe mir das in den Protokollen wieder angesehen. Jetzt stehen wir vor der Frage: Wie sieht es mit den Konvergenzkriterien aus?

Jetzt zur Gretchenfrage: Wer macht bei der gemeinsamen Währung, beim Euro, mit? – Wenn wir die Konvergenzkriterien zur Gänze aufweichen, könnten alle 15 Staaten der Europäischen Union mittun. Aber dann wird eines passieren, meine Damen und Herren, dann wird ein permanenter Zuschußbedarf von Nord- nach Südeuropa geschaffen werden. Oder diese Euro-Währung wird mit der Zeit eine Weichwährung werden, und wir werden alle Nachteile einer weichen Währung, so wie sie bisher Frankreich, Italien oder Spanien hatten, zu spüren bekommen.

Oder man läßt, wie jetzt geplant ist, nur einige wenige ausgesuchte Staaten, die die Konvergenzkriterien zumindest annähernd erfüllen, an diesem Euro-Block teilnehmen. Das muß auf alle Fälle Deutschland sein, das könnte Frankreich sein, das werden Dänemark, Holland, Österreich und Irland sein. Aber auch diesfalls muß man sich der Konsequenzen bewußt sein. Eine solche Lösung ermöglicht den nicht teilnehmenden Ländern, weiterhin eine selbständige Währungspolitik zu betreiben. Die Italiener, Spanier und so weiter werden ihre handelspolitischen Vorteile durch Abwertungen weiterhin nützen. Es werden so Probleme für beide geschaffen werden. Vor allem aber werden die Inflation und die Zinsen in den nicht teilhabenden Staaten steigen, das heißt, die Staatsschuld wird in diesen Ländern noch weiter wachsen, und es wird eine Auseinanderentwicklung zwischen Euro-Block und nicht am Euro teilhabenden Ländern geben.

Abschließend sei noch auf die eher geringen Vorteile hingewiesen, die eine einheitliche Währung bringen wird. Auch diese werden wieder hauptsächlich den Großbetrieben und multinationalen Unternehmungen zugute kommen. Die Nachteile der Einführung dieser Währung werden vor allem die Banken und Sparkassen treffen, weil sie sowohl die Ertragsausfälle beim Geldwechselgeschäft, bei den Kurssicherungsgeschäften, als auch die horrenden Umstellungskosten auf dieses neue System tragen müssen.

Meine Damen und Herren! Dazu kommt noch: Für österreichische Anleihen, die ebenfalls auf den Euro umgestellt werden, werden die Banken, die solche Anleihen halten, erhebliche Wertberichtigungen in Milliardenhöhe bilden müssen. Wenn eine Francs-Anleihe, die mit 7,5 Prozent verzinst ist, und eine österreichische Anleihe, die nur mit 6,5 Prozent verzinst ist, auf Euro umgestellt werden, dann wird die niedrig verzinste Anleihe unweigerlich einen Kursverlust erleiden, und das wird zu Wertberichtigungserfordernissen führen.

Meine Damen und Herren! Ich kann nur auf das hinweisen, was ich schon vor zwei Jahren gesagt habe: Ich hoffe, daß bei Einführung einer einheitlichen Währung die Konvergenzkriterien, die nicht aus Jux und Tollerei aufgestellt wurden, auch eingehalten werden. Wenn man diese aufweicht und sich darüber hinwegsetzt, dann wird, so glaube ich, Europa einmal eine währungspolitische Überraschung erleben, von der sich unsere Wirtschaftsbetriebe nur mehr schwer erholen werden. Dann wird es eines Tages soweit kommen, daß wir Österreicher unserem Schilling wieder einmal nachtrauern werden. Soweit soll es nicht kommen, und deshalb


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