Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 106

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Frau Bundesministerin.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache aber darauf aufmerksam, daß gemäß § 61 Abs. 7 der Geschäftsordnung des Bundesrates die Redezeit jedes Bundesrates mit insgesamt 20 Minuten begrenzt ist.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Langer. Ich erteile es ihm.

16.35

Bundesrat Mag. Dieter Langer (Freiheitliche, Wien): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Sie haben zu Beginn Ihrer Beantwortung gesagt und es offenbar bedauert, daß man das Museumsquartier immer nur als bauliches Problem betrachtet. Doch wenn man sich die Entwicklung und die Geschichte des Museumsquartieres ansieht, dann kann man sagen: Es war immer ein bauliches Problem und ging nicht um die Nutzung, denn dafür gab es Vorschläge, und es wurden auch Teile des bestehenden Gebäudes genutzt.

Wenn ich mir die Geschichte des Museumsquartieres ansehe, dann kann ich eigentlich keine Bemühungen der Bundesregierung oder der verantwortlichen Politiker entdecken, dieses Projekt entsprechend voranzutreiben. Die Geschichte des Museumsquartiers ist nicht nur eine unendliche, sondern auch eine unendlich traurige Geschichte, ein eklatantes Beispiel für die Kombination von Unfähigkeit und Untätigkeit: Fehleinschätzung folgt auf Fehleinschätzung. Fehler reiht sich an Fehler. Aber kassiert wird in diesem Dunstkreis fleißig. An dieser Entwicklung kann auch die Stellungnahme des Präsidenten des Bundesdenkmalamtes, Dr. Sailer, nichts ändern. Es bleiben, wie wir heute gehört haben, allzu viele wesentliche Fragen offen.

Nicht nur Dr. Sailer stellen sich die Haare auf, als er in seinem Interview mit der "Presse" am 6. Juli 1996 sagte: "Den Fischer-von-Erlach-Trakt als Depot zu nutzen – da stellen sich mir die Haare auf." – Auch dem Leser des Rechnungshofberichtes – darauf werden wir noch eingehend zu sprechen kommen – stellen sich die Haare über das auf, was hier geschehen ist. Und es nützt auch nichts, Frau Bundesministerin, wenn Sie nun gewollten Optimismus versprühen, wenn Frau Stadträtin Dr. Pasterk mit der Schaufel bei Fuß dasteht oder der Noch-Stadtrat Swoboda sogar Gewehr bei Fuß, um die Dinge voranzutreiben, wobei er deren Fortgang dann vielleicht aus Brüssel wohlwollend betrachten wird.

Sie werden auf diese Art und Weise ein vermurkstes Projekt nicht retten. Ich behaupte, daß es jetzt, nach nunmehr zehn Jahren, vermurkst ist. Frau Bundesministerin! Machen Sie Schluß mit dem jahrelangen Krampf! Wir sagen: Beginnen Sie neu, ohne Fehleinschätzungen und ohne Fehler! Denn der Vertrauensvorschuß in die Lösungskompetenz bezüglich Museumsquartier ist bei uns und in der Öffentlichkeit verspielt.

Es ist meines Erachtens nach nicht das Sprichwort anzuwenden: Gut Ding braucht Weile, sondern es trifft eher das Sprichwort zu: Wo einmal der Hund drin ist, kommt nix Gscheites mehr raus. (Bundesrat Wöllert: Wie bei der FPÖ.) – Der erste Fehler wurde bereits 1986 begangen: Es wurde damals die Gelegenheit nicht genutzt, aus dem bestehenden Vertrag mit der Wiener Messe auszusteigen. Das hat später insgesamt 370 Millionen gekostet. Man hat damals zwar schon gewußt, daß man die Räumlichkeiten oder das Areal brauchen wird, aber man hat nicht rechtzeitig und vorausschauend genug reagiert.

Was dann geschieht – man muß sich das wohl sukzessiv ansehen –, sind Beispiele von Ziel- und Orientierungslosigkeit, aber auch von Instinktlosigkeit. Der zweite Fehler unterläuft im November 1986: Im Text der Ausschreibung des Architektenwettbewerbes ist der Denkmalschutz nicht richtig beachtet; bei der Ausschreibung wurde die Meinung des Denkmalamtes nicht umgesetzt.

1990 – so lange hat es gedauert – gab es dann ein Siegerprojekt. Und dann folgte der dritte Fehler beziehungsweise eine Fehleinschätzung: Man hat nicht damit gerechnet, daß es der Bevölkerung nicht gefallen wird, daß durch eine mutwillige Architektur die eigene Geschichte


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