Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 107

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Wiens zerstört wird. Ortner selbst hat erklärt, daß es ihm darum gegangen ist, imperiale Strukturen zu zerstören. Da erhebt sich wirklich die Frage, was an einem Kubus und an einem Turm – so sah das ja damals aus – architektonisch so wertvoll ist, daß man historisches Kulturgut dafür zerstört. Was ist an zwei Kobeln – denn das bleibt letztlich über – architektonisch so wertvoll, daß man Kulturgut zerstört? – Wie dem auch sei: Busek wollte sich damals ein Denkmal setzen, und wir Freiheitlichen hoffen, daß dieses Projekt derselben Vergessenheit anheimfällt, in der sich Busek jetzt befindet. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Man hat nicht mit dem Widerstand der Bevölkerung gerechnet! – Es werden jetzt auch interessanterweise in einer rot-röteren Koalition in Wien die Mitglieder einer Bürgerbewegung, die sich zum Widerstand gegen diese Vorgangsweise installiert haben, von einer Koalition aus SPÖ und Grünen – interessanterweise, denn sonst sind diese doch für jede Bürgerbeteiligung und Bürgerbewegung zu haben! –, plötzlich als "Ewiggestrige", "Sumperer" und "Hinterwäldler" bezeichnet.

Aber es ist nicht nur die Bevölkerung, die Widerstand ... (Bundesrat Ing. Penz: Was bedeutet denn das: "Sumperer"?) Sie fragen am besten die Kollegen von der Sozialdemokratie, was sie damit meinen: Ich habe das jedenfalls so vernommen. – Aber auch Experten haben Proteste eingelegt. Die politisch Verantwortlichen waren sich offenbar selbst nicht sicher. Denn die notwendige Umwidmung ließ ewig lang auf sich warten. Es ist dann plötzlich auch im Wiener Gemeinderat der Wunsch entstanden, etwas lang Versäumtes nachholen zu müssen, nämlich – nicht erst jetzt, Frau Bundesministerin, sondern schon im Oktober 1992! – eine Stellungnahme des Bundesdenkmalamtes einzuholen.

Nichtsdestotrotz waren schon 1991 die Verträge geschlossen worden, und es wurde munter geplant und umgeplant und manchmal auch nicht geplant, und es wurde nichts umgesetzt. Jedenfalls wurde aber Geld ausgegeben: 59 Millionen für die Planung und 21,5 Millionen an Verwaltungskosten – so steht es im Rechnungshofbericht.

Inzwischen mehren sich die Kritiken an diesem Projekt. Im Mai 1993 kam Kritik aus einem internationalen Kunsthistorikerkomitee: 180 Experten wehrten sich vehement gegen die Zerstörung eines geschlossenen Ensembles. – Aber der interessanteste Kritiker war wohl Unversitätsprofessor Wehdorn. Er hatte in seiner Analyse zuerst festgestellt, als er noch zu den Kritikern zählte, daß die historische Bausubstanz revitalisierbar und als Museum nutzbar zu machen wäre. Als Mitglied des Fachbeirates für Stadtplanung hatte er Bedenken gegen das Ortner-Projekt geäußert und Visualisierung gefordert. Seit er jedoch auch in den Olymp der Verdiener an diesem Museumsquartier aufgestiegen ist, hört man nichts mehr von seinen Bedenken. – Wie gesagt: Aus Kubus und Turm wurden Kobel und Kobel, aus Ortner und Ortner wurde "Ortner & Wehdorn". Es ist aber um nichts besser geworden, man braucht nur noch mehr Geld für die Umplanungen.

Es läßt sich eben im Umfeld dieser Museumsquartier-Gesellschaft überhaupt leicht verdienen; dazu ein paar Auszüge aus dem Rechnungshofbericht wie folgt: Erstens: Ankauf des Hauses Breite Gasse 4, um einen Zugang vom 7. Bezirk zum Areal zu schaffen. Dieses Haus wurde jetzt abgerissen, und es wurde, glaube ich, sogar der Zugang unter Beteiligung der maßgeblichen Politiker eröffnet. – Aus dieser Geschichte ist zu sehen, wie teuer letztlich dieses Haus oder dieser Zugang gekommen ist. Es gab im Jahr 1989 ein Anbot um 10 Millionen. Das war zu teuer, weil in einem Gutachten festgestellt wurde, daß der Verkehrswert höchstens 4,8 Millionen Schilling beträgt. Dann hat man interessanterweise den Auftrag an eine Grundstücksverwertungsgesellschaft – eine Tochter der Ersten Österreichischen – gegeben, und diese hat dann das Grundstück und das Haus gekauft: um 5,4 Millionen für den Grund- und Gebäudewert plus 3,6 Millionen für nicht vorhandene Planungsleistungen. Auf Nachfrage des Rechnungshofes hat es geheißen: Das erklärt sich aus steuerlichen Gründen, weil die Verkäuferin das so wollte. Das heißt: Das Ganze hat dann im Dezember 1990 9 Millionen gekosten, und im Jänner 1992 hat es die Museumsquartier-Gesellschaft um 10,9 Millionen erworben. – Dazwischen liegen aber etliche Millionen, und man hätte das eigentlich auch günstiger haben können!

Zweitens: Nach dem Jahr 1990 dient sich ein Herr Mag. Steiner für Beratungstätigkeiten an, um ein Medienforum zu schaffen. Frau Ministerin! Sie haben es genannt. Das hätte offenbar eine


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