Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 108

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begleitende Öffentlichkeitsarbeit sein sollen. Wie gesagt, es hat sich um eine "Verstärkung der argumentativen Kampfkraft" gehandelt. Die Abwicklung jedoch war auch etwas dilettantisch, denn die Vereinbarung war mündlich. Mag. Steiner bezieht für seine Tätigkeit 1 Million Schilling. Laut Aussage der Museumsquartier-Gesellschaft und nach dem Bericht des Rechnungshofes ist das, was er geliefert hat, zum Teil zu spät gekommen beziehungsweise war nicht brauchbar. Es wurde jedenfalls dieser Aufwendung von 1 Million Schilling keine brauchbare Gegenleistung gegenübergestellt.

Drittens: Eine Firma CIP-Complet hat 760 000 S für ein Nutzerkonzept erhalten. In dieses Nutzerkonzept war sogar einer der Geschäftsführer der Museumsquartier-Gesellschaft mit eingebunden: Man muß sich einmal vorstellen, daß der Geschäftsführer an den 760 000 S auch mitnascht! Dann stellt der Rechnungshof fest, daß auch in diesem Fall keine wirklich brauchbare Gegenleistung herausgekommen ist.

Das sind aber sicher nur Lappalien in dem ganzen Umfeld. Denn das Ganze hat bisher schon eine halbe Milliarde oder mehr gekostet, wobei der größte Brocken die Ablöse an die Wiener Messen war. Ich habe schon erwähnt, daß man es bereits 1986 verabsäumt hat, das kostengünstig zu erledigen. Der Grund dafür war, daß zwei verschiedene Ministerien Interesse daran hatten und das Bundesministerium für Bauten und Technik damals eben den Wünschen des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung – wie es damals, glaube ich, geheißen hat – nicht gefolgt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Dr. Tremmel: So ist es!)

Es gab Ablöseverhandlungen und -forderungen und ein Hin und ein Wider. Man hat sich dann auf den Betrag von 370 Millionen geeinigt. Interessant ist aber, daß man nach objektiven Kriterien suchte, wie denn dieses unbeschränkte Mietrecht der Wiener Messen zu bewerten sei. Man kam dann auf eine ganz interessante Variante – warum das offenbar so ablief, überlasse ich jetzt Ihrer Phantasie –: Als Grundlage für die Ablöseverhandlung wurde der Bauzeitwert von 220 Millionen genommen, wobei es sich um den Bauzeitwert eines Gebäudes handelt, an dem die Wiener Messen nicht Eigentümer, sondern nur Mieter waren. Hinzugerechnet wurde der Wert eines Ersatzgrundstückes, wobei sich dann im nachhinein der Wert des Ersatzgrundstückes erhöht hat, damit man auf 370 Millionen kommt. – Das ist wirklich das Ungewöhnlichste, was ich je gehört habe: Man löst dem Mieter einer Baulichkeit den Bauwert des nicht ihm gehörenden Gebäudes ab!

Die Wiener Messen haben das Gebäude dann für ein Jahr um 9,6 Millionen gemietet. Der Rechnungshof hat festgestellt: Auf Basis dieser Jahresmiete hätte der Ablösewert nur 104 Millionen statt 370 Millionen betragen. Meine Damen und Herren! Mit diesem Deal über 370 Millionen Schilling haben sich die hoch verschuldeten Wiener Messen aber nicht wirklich saniert. Es hat sich nur die Optik gebessert: Denn statt 1 Milliarde Schulden haben sie jetzt eben nur 600 Millionen Schilling Schulden. Den Steuerzahler hat das allerdings 370 Millionen Schilling gekostet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die dilettantische und Hunderte Millionen verschlingende, unendlich traurige Geschichte des Museumsquartiers muß endlich ein Ende haben! Geschehen ist bisher praktisch nichts, kassiert haben jedoch viele, von Architekten und Beratern angefangen bis zu Geschäftsführern und der Wiener Messe. Die Beträge summieren sich auf über eine halbe Milliarde Schilling.

Entscheidungsunfähigkeit oder Entscheidungsunlust der Verantwortlichen und die Mißachtung von Denkmalschutz, Expertenmeinungen und Bürgerwillen machen den Eindruck der geldvernichtenden Dilettantengroteske komplett. – Es wird Zeit, daß man sich auf das kulturelle Erbe Wiens besinnt, das kulturzerstörerische Projekt in der vorliegenden Form abbricht, neu beginnt und ein Museumsquartier unter sanfter Revitalisierung der Hofstallungen Fischer von Erlachs schafft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Ludwig. – Bitte.


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