Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 109

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16.52

Bundesrat Dr. Michael Ludwig (SPÖ, Wien): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei! Wissen Sie, was Dialektik ist? (Bundesrat Dr. Kapral. Sie werden es uns erklären!) – Wenn man gegen jede Modernisierung im Museumsquartier ist (Beifall bei der SPÖ) und gleichzeitig in einer dringlichen Anfrage die Pyramide im Louvre als ein Beispiel dafür anführt, wie man es gerne in Wien hätte!

Ich bekenne mich auch zur Modernisierung im Louvre. (Bundesrat Dr. Kapral : Der Louvre als solcher ist aber stehengeblieben!) Man muß allerdings ganz eindeutig sagen: Die Bausubstanz ist mit dieser Renovierung im Louvre ganz deutlich verändert worden, und auch der Gesamteindruck ist ganz deutlich verändert worden. Wenn Sie dieses Beispiel als positives Vorbild für das Wiener Museumsquartier anführen, dann freut mich das! Es entspricht jedoch nicht Ihrer Argumentation! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Riess-Passer. )

Alle Vorschläge, die im Änderungskonzept des Museumsquartiers vorgekommen sind, die Sie jetzt auch kritisiert haben, hätten ebenfalls die historische Bausubstanz nicht verändert und verändern sie auch nicht. Sie haben jedoch abschätzig von "Glaskuben" und ähnlichem gesprochen. – Dies wäre aber mit dem heutigen Erscheinungsbild des Louvre in Paris durchaus vergleichbar! (Bundesrat Dr. Kapral: Das entspringt jetzt Ihrer Phantasie!)

Wenn Sie in Ihrer Dringlichen zum Beispiel eine Reigna Sofia in Madrid ansprechen, dann muß ich sagen, ich kann mir nur vorstellen, daß Sie noch nicht dort waren! Denn in der Reigna Sofia in Madrid ist der gesamte Baubereich entkernt. Da gibt es nicht einmal mehr eine Türschnalle, die aus der historischen Zeit stammt – und es sind Außenlifte angebracht, die natürlich das gesamte Erscheinungsbild völlig beeinträchtigen. – Das nenne ich Dialektik, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, in einer dringlichen Anfrage so etwas als Beispiel anzuführen und dann ganz anders zu argumentieren! (Beifall bei der SPÖ und bei Bundesräten der ÖVP.)

Das Museumsquartier ist ein Jahrhundertprojekt. Das wurde von der Frau Bundesministerin auch schon erwähnt. Daher ist es durchaus verständlich, daß über dieses Projekt diskutiert wurde und daß auch kontroversielle Meinungen ausgetauscht werden. Das ist auch gut so. Und ich glaube, es ist auch gut, daß in den vergangenen Jahren die kritischen Einwände, die von seiten der Architekten, Kulturhistoriker und Kulturkritiker, aber auch von der Bevölkerung gekommen sind, ernstgenommen und auch in verschiedenen Varianten mitberücksichtigt wurden.

Ganz wesentlich für die Meinungsfindung der Projektgruppe war auch die Visualisierung, die im Museumsquartier stattgefunden hat und die gegen den Widerstand der Freiheitlichen Partei in Wien durchgeführt wurde. Es haben alle Beteiligten bei dieser Visualisierung neue Erkenntnisse geschöpft, und es war sehr gut, daß dieser Meinungsbildungsprozeß stattfinden konnte.

Herr Bundesrat Langer! (Bundesrat Mag. Langer: Hier!) Wenn Sie hier argumentieren, daß das Museumsquartier aus Ihrer Sicht ein rein bauliches Problem darstellt, so kann ich sagen: In Anbetracht Ihrer Argumentation habe auch ich diesen Eindruck gewonnen: Sie bestand aus einer Auflistung von Zahlen, und man hat in Ihrer Argumentation sehr wenig davon gehört, was Sie sich unter einer sinnvollen Nutzung vorstellen. Man hat sehr wenig über Kultur herausgehört. Es waren zwar sehr viele Zahlen, aber der kulturelle Zugang war nicht ganz klar erkennbar.

Man kann nämlich auf der anderen Seite, wenn man sich die Praxis des bereits bestehenden Museumsquartieres ansieht, erkennen, daß es dort bereits eine Reihe von sehr gut gehenden Einrichtungen gibt. Ich denke jetzt nur an das Architekturzentrum Wien oder auch an das neu entstehende Kindermuseum. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Land Wien hat sich immer zu diesem Projekt bekannt und hat in dem von Ihnen angesprochenen Syndikatsvertrag die Verpflichtung übernommen, die Herstellungs- und Betriebskosten der Veranstaltungs- und Kunsthalle sowie des Architekturzentrums Wiens zu übernehmen und zu tragen. Das Land Wien und – wie ich glaube – auch der Bund legen sehr wohl großen Wert auf die Nutzung der historischen Bausubstanz für museale Zwecke. Dennoch ist,


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