Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 115

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17.19

Bundesrat Dr. Günther Hummer (ÖVP, Oberösterreich): Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hoher Bundesrat! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gegenstand, zu dem ich jetzt das Wort ergreifen darf, ist keineswegs so traurig wie angeblich die Frage des Neubaus im Bereich des Museumsquartiers, aber ist auch eine uralte Frage, die hier aufzugreifen wäre. Es geht nämlich um das Beamten-Dienstrecht.

Die uns hier vorliegende Novelle bringt Vereinfachungen und ist gewiß in der praktizierenden Verwaltung von Vorteil. Einer ausführlichen Erörterung bedarf sie – so scheint es mir wenigstens – nicht. Aber ich habe eine Eigenschaft, die man den Beamten sehr oft nachsagt, ich bin nämlich ängstlich. Ich könnte mir vorstellen, jetzt kommt der Sommer, die Medien sind auf Suche, und da könnte es doch passieren, daß es in einem Bundesministerium – ich nenne es fiktiv – für Hals, Nasen, Ohren einen Sektionsleiter gibt, der eine Leistungszulage bezieht, die ihm nicht zugestanden wäre, weil er nicht so viel leistet, als er leisten kann und will. Es könnte auch passieren, daß ein "Wirklicher Amtsrat" in Gänserndorf eine Erschwerniszulage bekommt, und die Erschwernis läßt sich nicht feststellen, oder daß sich bei irgendeinem Diner, vielleicht einem politischen Diner, ein "Wirklicher Amtsrat" zerstreuterweise statt der Brieftasche das silberne Besteck einsteckt.

Dann kämen die Klubobmänner hier im Parlament überein, daß sofort das gesamte Beamten-Dienstrecht novelliert gehört und daß man innerhalb von drei Wochen, damit der Skandal aus der Welt geschafft ist, eine vorzügliche Lösung finden muß. Man käme dann vielleicht vom Urlaub zurück – Sigi Dohr ist leider nicht erreichbar –, und man müßte feststellen, daß es nicht mehr so viele Beamte gibt – was überhaupt etwas Furchtbares ist: die vielen Beamten in den Parlamenten! –, sondern nur mehr Jobhopper, die, nach modernsten Grundsätzen in den USA geschult, sich vom alten Beamten-Dienstrecht völlig verabschiedet haben – zum Nutzen und Frommen der Republik. (Beifall des Bundesrates Dr. Schambeck .)

Es gibt natürlich immer so trübe Denker wie mich, die sich denken: Vielleicht ist es doch nicht ganz so. Vielleicht steckt in diesem Beamten-Dienstrecht, das man reformieren soll, darf und muß, doch ein gutes Stück, das bedenkens-, erhaltens- und erwägenswert ist.

Das ist die Krankheit unserer Zeit, daß wir zu diesem Nachdenken darüber, was sich wohl ein Gesetzgeber in früheren Jahrzehnten gedacht haben mag, nicht mehr finden. Das spürt man so deutlich etwa in der von mir heute nicht zu erwähnenden und nicht zu diskutierenden Reform der Politikerbezüge, was am 25. Juli ohnedies im Übermaß angesprochen werden wird.

Der ursprüngliche Gedanke des Bezügegesetzes war es nämlich einstmals, daß es sich wirklich jedermann leisten kann – zeitlich, finanziell, in seiner Berufsstellung –, einem Parlament anzugehören. Das war die Grundüberlegung, und das wäre das, was zu meistern wäre (Beifall des Bundesrates Dr. Tremmel ) und wo sich dann so manches wie von selbst so regulieren würde, daß die Volksvertretung eben dann – wie ideal gedacht! – auch eine Volks vertretung ist.

Meine verehrten Damen und Herren! Nach diesen, wie ich hoffe, aufwühlenden Worten in dieser späten Stunde, darf ich behaupten, daß die Treue zum Staat das ausmacht, was ein Beamter ist. Das war schon im absolutistischen Staat, im Staat der Monarchie so, es war aber auch das Idealbild des Beamten, wie es in der Französischen Revolution vorgezeichnet wurde: ein Beamter, der den Grundsatz von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit in seiner Amtstätigkeit verwirklicht.

Die Historiker streiten darüber, was wohl den Untergang der Ersten Republik und den Untergang der Weimarer Republik so beschleunigt haben mag und wo die Wurzeln gelegen waren, und es waren derer viele, aber eines ist sicher: Die Tatsache, daß die Beamten jener Zeit ihr Herz nicht der Republik und der Demokratie geschenkt hatten, sondern dem alten Kaiserstaat verhaftet waren und noch keine neue geistige Heimat in diesem Staat gefunden hatten, hat bestimmt entscheidend dazu beigetragen.

Man wird mir entgegnen, daß das Verhältnis von Treue und Solidarität durchaus auch im arbeitsrechtlichen Verhältnis des Angestellten, des Arbeiters, zu seinem Dienstgeber vorhanden


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