sein muß, und die gesamte arbeitsrechtliche Rechtsprechung zielt auf die Obsorgepflicht des Dienstgebers und auf die Treuepflicht und auch Solidarität und Loyalität des Dienstnehmers ab, solange das Verhältnis ungekündigt ist. Aber es ist doch etwas anderes beim Beamten, der ein Mitträger des Regierungsgewalt ist – dessen muß man sich bewußt sein –, der Inhaber staatlicher Macht ist, abgeleitet aus unserem Konzept der Verfassung, aus der Volkssouveränität selbst. Denn Politik, politische Macht, wird nicht nur, wie man gelegentlich meint, etwa von Regierungen und Parlamenten gemacht, wird nicht nur von autonomen Körperschaften, Gemeinderäten, Trägern der Sozialversicherung und sonstigen Selbstverwaltungskörpern und Interessenvertretungen gemacht, sondern Politik wird vorerst und zunächst von Beamten gemacht. Das muß man mit bedenken, wenn man eine Reform des Beamtenrechts ernsthaft ins Auge faßt.
Der Begriff des Bürokraten, den man dem Beamten gerne entgegenschleudert, hat seine geistige Wurzel durchaus auch in der Französischen Revolution, in der modernen Massengesellschaft: Die Vorstellung, daß der Beamte eben nicht nur nach Weisung einer Obrigkeit zu handeln hat, sondern daß oberste Regel seines Tuns und Handelns des Vollziehens des Gesetzes eben in der Gleichbehandlung besteht. Gerade diese Gleichbehandlung der vorsprechenden Parteien, jene Gleichbehandlung der Einschreiter, die vor Behörden, Gerichten, Ämtern erscheinen, macht eigentlich den modernen Beamten aus oder sollte ihn ausmachen.
Aber Gleichheit erfordert Ordnung, Gleichbehandlung erfordert, daß ein strenges Verfahren eingehalten wird, daß Willkür ausgeschlossen ist und daß derjenige, der als Beamter handelt, verantwortlich ist und seine Verantwortlichkeiten klar umschrieben sind.
Die Bürokratie ist also eine Arbeitsordnung der Massengesellschaft unserer Zeit – übrigens auch der Massenproduktion, nicht nur dem Staate eigen –, es ist ein System der Gleichbehandlung, wie die Staatswissenschaftler wissen, das da heißt, Gleiches gleich und Ungleiches verschieden zu behandeln. Bürokratie heißt, moderne Arbeitstechniken nach festliegenden Regeln zu realisieren, und pointiert könnte man sagen: Wer Bürokratismus vorwirft, stellt die Gleichbehandlung – zumindest theoretisch – in Frage.
Warum werden die Beamten so gerne von den Medien attackiert? – In Zeiten des Wirtschaftsaufschwungs, in Zeiten prosperierender Wirtschaft wird der Beamte gerne ein bißchen belächelt, und in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation, wenn die Arbeitsplätze gefährdet sind, wird er beneidet und angefeindet. Das sei als eigene Erfahrung in den Raum gestellt.
Es wurde einmal gesagt, der Bürokratismus ist eine Tugend mit Lastern, eine Tugend mit Lastern, die nicht nur bei Behörden, sondern auch in Unternehmungen, Banken, in der Versicherungswirtschaft und in vielen modernen Großunternehmen vorzufinden ist. Man sagt der Bürokratie nach, sie wäre schwerfällig, selbstgenügsam und öffentlichkeitsscheu, und ein Verstärkereffekt bei den Beamten im Bereich der hoheitlichen Verwaltung ist zweifellos ihre Weisungsgebundenheit im Bereich der gesamten Verwaltung, ihre ausformulierte Verantwortlichkeit, ihre spezielle strafrechtliche Verantwortlichkeit, ihre zivilrechtliche Verantwortlichkeit insbesondere im Bereich des Amtshaftungsrechtes oder des Organhaftpflichtrechtes und zuletzt auch im Bereich der disziplinären Verantwortlichkeit. Und die besondere Bindung an Gesetz, Verordnung, Weisungen und Erlässe der Vorgesetzten, dieses Handeln ohne Ansehen der Person, erschwert die Tätigkeit des Beamten.
Auch die Pflicht, öffentlich Rechenschaft abzulegen – ich erinnere etwa an das moderne Auskunftsgesetz –, die offenliegenden Gehälter – auch das sei hier einmal gesagt: nur beim Beamten ist alles bis zum letzten so ganz erfaßbar, sage ich sehr vorsichtig, und ich höre mit diesem Thema gleich wieder auf – sind eine Beschwernis für den Beamten. Es ist kein Wunder, wenn die Beamtenschaft meistens mit solchen Untugenden reagiert, daß man alles wortwörtlich nimmt, daß man immer vorsichtig ist, daß man Deckung sucht, daß die Formenstrenge überhandnimmt, daß eine gewisse Entscheidungsscheu und Ängstlichkeit auftritt und damit verbunden auch eine gewisse Empfindlichkeit gegen Kritik.
Denn der Beamte – das muß man wissen, und das wird auch im Staat von morgen nicht anders sein –, trägt die Bürde des Eingriffs in die private Sphäre. Jedermann ruft nach der Ordnung –
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