Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 121

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Unter anderem ist das § 2 Abs. 7. Hier handelt es sich um das sogenannte dezentrale Genehmigungsverfahren. Das ist ein Verfahren, das auf dem Prinzip der Anerkennung einer vom erstgenehmigenden EU-Mitgliedstaat erteilten nationalen Zulassung beruht. Das heißt, daß das Medikament, das einmal in einem EU-Land, in einem Mitgliedsland der EU zugelassen wird, bindend nun vom Arzneimittelhersteller auch in allen anderen EU-Ländern vertrieben werden kann. Voraussetzung ist dann die zentrale Genehmigung; ich werde aber noch darauf zu sprechen kommen.

Das funktioniert dann folgendermaßen: Der Pharmaunternehmer hat eine Bewilligung in einem EU-Land. Wie er die bekommt, das wissen wir in Österreich nicht, das steht auch nicht zur Debatte, aber ich erinnere daran, daß es bei verschiedenen Medikamenten um sehr hohe Beträge geht. Dem Vernehmen nach reisen so manche Ärzte in manche Länder und preisen Medikamente an – dabei geht es um Milliardenbeträge –, und dann ist die Zulassung gegeben, auch wenn das in Portugal, Italien oder sonst irgendwo geschieht.

Ich persönlich gehe davon aus – ich kenne das auch aus anderen Bereichen –, daß das bei uns in Österreich bisher sehr streng gehandhabt wurde. Das Arzneimittelbuch hat eine besondere Wertigkeit. Diese besondere Wertigkeit möchten wir eigentlich in diesen sehr sensiblen und manchmal auch den vitalen Bereich bedrohenden Dingen mit größter Vorsicht gehandhabt haben, so wie das auch in anderen Bereichen, etwa im Bereich der Lebensmittel beim Codex Alimentarius Austriacus war – leider Gottes "war". Wir haben das schmerzvoll in verschiedenen Bereichen der Lebensmittel festgestellt, wenn nun etwa Zusatzstoffe hineinkommen sind.

Meine Damen und Herren! Ich möchte bezüglich der Medikamente keine Gespenster an die Wand malen, aber ich erinnere nur daran, was bereits vor 20 Jahren bei einem sehr leichtsinnigen Medikamentengebrauch passiert ist. Ich nenne nur das Schlagwort Contergan. Deswegen wäre es mir sehr recht, wenn ein strengerer Kontrollmechanismus Platz greifen würde.

Ich brauche aus diesem Bereich heraus den genmanipulierten Mais nicht mehr zu erwähnen. Das Beispiel kennen Sie aus aktueller Berichterstattung.

Ich glaube, daß durch dieses dezentrale Genehmigungsverfahren eine massive Gefährdung von Leib, Leben und Gesundheit österreichischer Staatsbürger möglich erscheinen könnte, wenn Österreich keine Möglichkeit einer Verhinderung oder eines Einwandes hat.

Ist dieses dezentrale Genehmigungsverfahren – das ich natürlich sehr schwarz-weiß geschildert habe – abgeschlossen, dann kommt es zum zentralen Genehmigungsverfahren in Brüssel.

Wenn argumentiert wird, das Ganze dauert sehr lange, so stimmt das. Ja, das dauert schon sehr lange; das ist auch eine große bürokratische Hürde, die überwunden werden muß, aber materielle Schranken sind nicht mehr eingebaut. Sobald die dezentrale Genehmigung da ist, erfolgt die Genehmigung direkt auch durch die Europäische Arzneimittelagentur und wird dann vom hiezu berufenen Ausschuß de facto bestätigt.

Dagegen, meine Damen und Herren, gibt es keine Einwendungsmöglichkeit für die Länder. Das ist für alle Länder in der EU bindend. Daß es ein bißchen länger dauert, bewirken die Bürokratie oder die entsprechenden formalen Vorschriften.

Ich weise nochmals darauf hin, daß dieses dezentrale Genehmigungsverfahren für mich große Risken aufweist, weil der Standard, den wir in Österreich haben, de facto – wie es in anderen Bereichen bereits passiert ist – wieder herabgedrückt wird. Das ist für uns einer der ganz erheblichen Einwände.

Dann gibt es auch noch andere Einwendungen. Wir haben im Nationalrat einen entsprechenden Abänderungsantrag eingebracht, der leider nicht die Mehrheit gefunden hat. Ich sage deswegen leider, weil ich fürchte – andererseits auch hoffe –, daß es nochmals zu einer Novellierung dieses Gesetzes kommen wird.


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