Bundesrat Stenographisches Protokoll 615. Sitzung / Seite 123

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Was heißt das, meine Damen und Herren? – Das heißt nichts anderes, als daß die privaten Krankenanstalten eigentlich durch den Rost fallen. Ich habe das letzte Mal bereits hier an die Frau Bundesminister appelliert, diesen Entwurf zu überdenken, weil das eine mit dem anderen – vor allem hinsichtlich des wichtigsten Punktes für die Krankenfürsorge und -obsorge – ganz intensiv zusammenhängt. – Das ist der zweite Punkt, den wir beachtet haben möchten.

Ein anderer Bereich – ich gebe durchaus zu, daß diesbezüglich bei uns eine geteilte Meinung herrscht – betrifft die Frage der Heilpraktiker. Ich muß dabei auch auf eine Seite hinweisen, die sich gerade kürzlich in der Presse fand. Die Paracelsusschule, vertreten durch einen ehemals sehr  bekannten  Abgeordneten,  schreibt,  sie möchte  ihr  Recht durchgesetzt haben. Wenn ich in die Vergangenheit  blicke, so  kann  ich  nur sagen,  natürlich  soll  die  Krankenfürsorge  und -obsorge auch dadurch gesichert sein, daß diese durch geschulte, geprüfte und studierte Leute vorgenommen wird. Aber es gibt auch gewisse Bereiche, die man, ohne daß man ein Studium absolviert, durchführen kann.

Ich brauche da gar nicht – oder vielleicht sollte ich es doch – in die ferne Vergangenheit zurückgreifen. Damals sind etwa die Merseburger Zaubersprüche, die Heilsprüche waren, angewendet worden. Ben zi beno, bluad zi bluadi, so si gelinida sin!, hieß es seinerzeit, und schon damals sind eigentlich aus dem tiefen Wissen um die Pflanzen und um die Umwelt Heilpraktiker entstanden. Und das alles sollte in diesem Bereich nicht ausgeschlossen sein. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Diese Heilpraktiker oder diejenigen, die sie vertreten, sagen jedoch, diese Gesetzesvorlage sei ein untauglicher Versuch, und sie werden alles daransetzen, daß dieser untaugliche Versuch zu Fall kommt. Auch das ist in dieser letztgenannten Novellierung nicht entsprechend bedacht.

Zu den vorhin genannten Punkten, meine Damen und Herren, haben wir Abänderungsanträge eingebracht. Wir glauben, daß das sehr wichtig ist. Wir fürchten einerseits – ich habe das schon ausgeführt –, daß es wieder zu einer Novellierung kommt, andererseits hoffen wir es, weil wir natürlich die freie Arztwahl, das Wohl des Patienten, die Finanzierung unserer Krankenanstalten und die Ausbildung unserer Ärzte ganz oben angesiedelt haben möchten.

Aus diesem Grund ist es uns leider nicht möglich, diesen beiden Vorlagen die Zustimmung zu geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.00

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Gottfried Jaud. Ich erteile es ihm.

18.00

Bundesrat Gottfried Jaud (ÖVP, Tirol): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hoher Bundesrat! Heilpraktiker werden oft als "Kurpfuscher" betitelt. Diese Bezeichnung mag da oder dort sicherlich ihre Berechtigung haben.

Nach meiner Auffassung sollten allerdings – in diesem Punkt bin ich einer Meinung mit meinem Kollegen Tremmel – Heilpraktiker in Österreich auch eine Möglichkeit haben, ihren Beruf auszuüben. Ich glaube nicht, daß mit dem Verbot von Heilpraktikerpraxen das Problem gelöst werden kann. Denn überall dort, wo es Verbote gibt, die von den Menschen nicht eingesehen werden, wird genau das Gegenteil dessen erreicht, was der Gesetzgeber will. Es entsteht ein schwarzer Markt mit überhöhten Preisen. Menschen, die gerne zu einem Heilpraktiker gehen, lassen sich das vom Gesetzgeber nicht verbieten.

Bei uns in Tirol fahren sehr viele Menschen in das benachbarte Bayern. Und ich habe gehört, daß auch von Vorarlberg viele Menschen in die Schweiz fahren, um einen Heilpraktiker aufzusuchen. In Bayern gibt es eine Heilpraktikerausbildung mit Prüfung und Abschluß. Wer die Berechtigung zur Ausübung als Heilpraktiker erlangt hat, kann ganz offiziell eine Heilpraktikerpraxis eröffnen. Auf diese Weise fließen viele Millionen Schilling von Österreich ins benachbarte Ausland.


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