Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 26

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Herr Kollege Tremmel! Ich nehme nicht an, daß Sie es so gemeint haben, aber ich war viele Jahre meines Lebens in der Privatwirtschaft tätig, und natürlich habe ich dort Spesen abgerechnet – wie Hunderttausende andere Österreicher auch –: Kilometergeld, Tagesdiäten, Nächtigungskosten, all das, was das Gesetz vorsieht und das Unternehmen auch steuerlich begünstigt. Ich halte es für ungeheuerlich, diese Hunderttausenden Österreicher, die das Woche für Woche oder Monat für Monat mittels irgendwelcher Formulare ihrer Firma machen, als Spesenritter zu verdächtigen und den Politiker (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Tremmel ) , wenn er in Zukunft dasselbe tun soll, ebenfalls als Spesenritter zu verdächtigen. Der wirkliche Ansatzpunkt – ich halte ihn für grundlegend richtig – dieser Veränderung ist, daß wir klar trennen sollen und trennen wollen zwischen der Komponente der Einkünfte des Abgeordneten, des Politikers und der Abgeltung von berufsbedingten Aufwendungen.

Es ist dies ein System, das unendlich viele Österreicherinnen und Österreicher in ihrer Berufswirklichkeit leben! Ich kann mir nicht vorstellen, daß in einer Firma jemand auf die Idee kommt, die erhaltenen Kilometergelder einem Kollegen geistig zum Bruttogehalt dazuzurechnen und zu protestieren, daß dieser dadurch mehr verdient.

Wir würden gut daran tun, diesen vernünftigen Grundsatz mit großer Ehrlichkeit vor unseren Mitbürgerinnen und Mitbürgern auszubreiten und klar zu sagen: Ja, da gibt es einerseits mein persönliches Einkommen, das aus dieser Quelle zusammen mit allenfalls anderen fließt, und dann gibt es eine faire, kontrollierbare und von den Bestimmungen für andere Bevölkerungsgruppen keineswegs so unterschiedliche Abgeltung für das, was ich in Erfüllung dieses Mandats zu tun habe.

Ich möchte diesen Versuch – es ist naturgemäß ein Versuch – nicht schon von Beginn weg mit dem Verdacht belasten, daß es den einen oder anderen Kollegen oder die eine andere Kollegin geben muß, die kein anderes Sinnen und Trachten hat, als diese Bestimmungen zu mißbrauchen. Soviel Respekt habe ich vor den Politikern aller Couleurs, daß ich davon ausgehe, daß sie die Möglichkeiten, die nach kritischer Prüfung im Detail eingeräumt werden sollen, verantwortungsbewußt nützen. Wenn es einer nicht tut, dann wird er wohl zu Recht der öffentlichen Ächtung anheimfallen. Aber so zu tun, als ob jedem von uns gewissermaßen ein Körberlgeld zugesteckt wird, ist nicht nur falsch, sondern es ist letztlich der Versuch, einen vernünftigen Weg von vornherein zu diskreditieren.

Auf der anderen Seite wird mit dieser Reform das, was man das arbeitslose Einkommen nennt, in seinen letzten Resten ausgemerzt – ich hoffe es. (Bundesrat Dr. Kapral: Hoffentlich!) Ich sagte, ich hoffe es!

Herr Kollege Kapral! Jedes Gesetz, das wir hier beschließen, ist ein Versuch, einen Sachverhalt zu lösen. Niemand von uns – bei aller intensiven Beschäftigung mit einer Materie – kann die absolute Gewähr dafür übernehmen, daß jeder einzelne denkmögliche Fall damit befriedigend gelöst wird. Ich bekenne mich dazu, daß auch dieses Gesetz – wie jedes andere – eine Irrtumsmöglichkeit und eine mögliche Lücke miteinschließt, und ich bekenne mich dazu, daß der eventuell bewiesene Irrtum oder die eventuell aufgezeigte Lücke zu schließen ist.

Peter Kostelka hat vor geraumer Zeit den klugen Vorschlag gemacht, Gesetze in Zukunft nur mehr mit einem eingebauten Ablaufdatum zu beschließen, um solcherart den Gesetzgeber zu zwingen, sich von Zeit zu Zeit damit zu beschäftigen, ob denn das alles wirklich so gut ist und ob da wirklich noch alles stimmt – Kollege Weiss nickt. Ich halte das für eine sinnvolle Vorgangsweise, nicht mit großer Erleichterung zu sagen: Gott sei Dank, jetzt haben wir es beschlossen! Jetzt greifen wir dort nie wieder hin!, sondern sich immer wieder damit zu beschäftigen – und nicht nur dann, wenn uns Medien oder ein Aufschrei in der Öffentlichkeit dazu zwingen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Lassen Sie mich aber an dieser Stelle – ich möchte das mit großem Nachdruck betonen – gerade in bezug auf dieses Hohe Haus eines klarstellen: Die Diskussion kristallisiert sich naturgemäß um die Bezieher der höchsten, dann meist kumulierten Einkommen; die Diskussion zentriert sich nicht um die Bezüge von Bundesräten. Ich will mit allem Nachdruck feststellen,


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