Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 39

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Herbst eine gesamthafte Regelung zu beschließen. Dabei könnten auch die Länder einbezogen werden." – Ende des Zitats.

In diesem Sinne möchte ich alle Mitglieder dieses Hohen Hauses einladen, den vorliegenden Gesetzesbeschluß samt seinen Verfassungsbestimmungen abzulehnen und damit die Chance zu eröffnen, die gegenständliche Problematik einer umfassenden und allgemein akzeptierten Regelung zuzuführen.

Ganz zum Schluß möchte ich mir noch erlauben, aus dem heutigen "Standard" zu zitieren. Und zwar schreibt Herr Josef Ertl: "Selbstaufgabe auf Raten. ,Zähneknirschen’ ist einer der am häufigsten verwendeten Begriffe in der Debatte um die Neuregelung der Politikerbezüge. Mit ,leisem Zähneknirschen’ will beispielsweise Bundesrat Günther Hummer diesem Gesetz heute in der Länderkammer zustimmen. Nur wenige haben den Mumm, gegen dieses im Schnellverfahren produzierte Gesetz zu votieren.

Einige ziehen das Fernbleiben vor und drücken sich so um ein klares Nein. Ein nicht geringer Teil der Abgeordneten wird also gegen seine Überzeugung mit Ja stimmen. Damit ist die notwendige Zweidrittelmehrheit gesichert. Die Bundesräte verpassen wieder einmal eine Chance, ihre Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen." – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren! Knirschen Sie nicht mit den Zähnen, Kollege Hummer! Verlassen Sie nicht den Plenarsaal, Kollege Himmer! Bleiben Sie hier herinnen! Zeigen Sie Rückgrat, machen Sie aus Ihrem Herzen keine Mördergrube! Stimmen Sie gegen dieses Gesetz, damit tun Sie etwas für Ihre Länder! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrätin Schicker: Sind Sie für arbeitslose Einkommen?)

11.02

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Prähauser. – Bitte.

11.02

Bundesrat Stefan Prähauser (SPÖ, Salzburg): Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren des Bundesrates! Kollege Königshofer hat mit einem Zitat aus dem "Standard" geendet, ich möchte mit einem beginnen – wobei es sich eigentlich nicht um ein Zitat, sondern vielmehr um eine Kolumne handelt. "Das spätfeudale Rollenbild der Volksvertreter hat ausgedient", schreibt Anton Pelinka, ein Politologe internationalen Zuschnitts, der große Anerkennung über alle Parteigrenzen hinweg findet. "Politiker haben es gut – dann, wenn sie Masochisten sind." (Bundesrat Eisl: Das glauben Sie aber selber nicht!) Zuhören, Herr Eisl, dann reden – vielleicht auch lachen.

"Keine andere Gruppe in Österreich, die ein so schlechtes Ansehen ,im Volke’ genießt – Journalisten vielleicht ausgenommen –, und das schon seit Jahrzehnten, auch schon lange bevor ein Josef Höchtl in den Nationalrat gewählt wurde. Politiker können sich lustvoll beschimpfen und verdächtigen lassen, sie gelten als überflüssig und arbeitsscheu. Und doch haben sie eine ganz wichtige Funktion: als Objekt populistischen Zorns jedermann(frau) zur Verfügung stehen zu müssen. Was täte der ,Volkszorn’ ohne Politiker!

Es gibt wohl kaum einen Menschen in Österreich, der nicht gelegentlich lügt. Auch kleine Steuerhinterziehungen gelten hierzulande als Kavaliersdelikt, das fast alle begehen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Doch in der Demokratie müssen diejenigen, die ,das Volk’ vertreten, eine höhere Moral als die von ihnen Vertretenen haben: Wehe, wenn man Politiker beim Lügen oder beim laxen Umgang mit Finanzen erwischt!

Politiker haben es gut – dann, wenn sie Exhibitionisten sind. Kaum betritt einer aus der Spezies Parlamentarier ein Wirtshaus, muß er schon eine Runde ausgeben. Und kein Dorfball, kein Sportfest, an dem nicht Politiker zur Kasse gebeten werden. Die österreichische Pokalproduktion wird durch die Spendengelder der Politiker am Leben erhalten.


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