Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 43

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

bringen, was bereits einen ersten Ansatz bringt, nämlich das Wichtigste: die arbeitslosen Einkommen abzuschaffen.

Ich darf auch vermerken, daß es im Klub der SPÖ keine Androhung von Repressalien für den Fall eines Nichtzustimmens gegeben hat. Wir sind auch Abgeordnete mit Rückgrat und Eigenverantwortung.

Ich meine aber, daß die Chance, diesen ersten Schritt umzusetzen, eine große ist und Zustimmung verdient. Und daher bin ich meinem Klub sehr dankbar für das Versprechen, das gegeben wurde, sofort eine Arbeitsgruppe einzurichten, die Umsetzung zu begutachten, zu begleiten und, wenn nötig, auch vor einer Novellierung nicht zurückzuschrecken, um in der Öffentlichkeit glaubwürdig zu sein. Ich meine, daß es besonders wichtig sein wird, größtmögliche Transparenz zu erreichen.

Ich glaube auch, daß wir die Meinung der Öffentlichkeit treffen, wenn wir davon ausgehen, daß die Ausübung eines Mandates nicht als Verdienstentgang gelten kann. Anders wäre es nicht begründet, wenn heute auch Vorsorge dafür zu treffen ist, daß Fahrzeitabgeltung nur dann wirksam wird, wenn ein Verdienstentgang nachgewiesen wird. Was heißt das? – Wenn ich in einem Unternehmen beschäftigt bin und sage, ich muß in den Bundesrat, dann sagt man mir: Prähauser, das kannst du machen, aber dafür werden dir vier Stunden vom Gehalt abgezogen. Dann ist Verdienstentgang gegeben. – Ich kenne die Unternehmungen aber nicht, und besonders dann, wenn man halbzeit- oder dreiviertelbeschäftigt ist, sehe ich die Zeiterfordernis nicht. Und daher auch mein Groll. Bisher wollten immer jene Zeitabgeltung, die ohnehin dienstfrei gestellt waren.

Wenn ich mich für ein Referat vorbereite, wem nehme ich die Zeit? – Meinem Arbeitgeber, überhaupt keine Frage. Umgekehrt bin ich nicht ununterbrochen als Bundesrat unterwegs und gebe so meinem Arbeitgeber Zeit zurück. Insgesamt sehe ich 80 Stunden für genug an, und wenn hier jemand behauptet, im Schnitt 90 Stunden zu arbeiten, wie ich heute in der Zeitung lese, dann halte ich das für leicht überzogen. Allerdings zähle ich dazu nicht die Schlafminuten in der Eisenbahn.

Ich habe auch wirklich meine Bedenken gegen Scheinmoral. Scheinmoral nicht nur unter Politikern, sondern auch bei Journalisten. Es gab folgenden Fall: 1994 hat die SPÖ erheblich an Mandaten verloren – das ist ja bekannt; ein Jahr später konnte verdientermaßen ein Großteil davon wieder zurückgewonnen werden –, und damals wollte mir in einem Gespräch ein Zeitungsherausgeber folgendes weismachen: Jetzt nominiert ihr die Leute ohnehin nur mehr, damit sie eine Pension kriegen, damit sie versorgt werden, denn sonst dürfte ja der Mandatar neben seinem Mandat nicht noch eine Beschäftigung haben. – Ich habe daraufhin gesagt: Na ja okay, sie haben recht. Aber ich frage mich: Was soll jemand, der nicht mehr nominiert wird, tun? Darauf sagte er: Wenn er etwas gelernt hätte, könnte er in seinen Beruf zurückgehen. Meine Damen und Herren! Der, den ich meine, hat etwas gelernt, er war nämlich Journalist. – Ich habe dann gesagt: Würden sie jemand aus der Politik, der ein Mandat nicht mehr erreicht hat, in ihrem Betrieb aufnehmen? Darauf sagte er: Ja selbstverständlich! Darauf sagte ich zu ihm: Da habe ich eine gute Idee. Dann nehmen sie den. Darauf antwortete er – es hat ihn fast der Blitz getroffen –: Na ja, der widerspricht unserer Blattlinie!

Meine Damen und Herren! Das ist Scheinmoral: auf der einen Seite zu versuchen, Versorgungen abzustellen und Menschen falsch zu informieren, und auf der anderen Seite, wenn es darum geht, sein wahres Gesicht zu zeigen, den Schwanz einzuziehen; ich darf das so emotionell und gewöhnlich formulieren.

Ich meine, daß wir selbst aufgerufen sind, uns zu helfen: durch eine transparente Gestaltung unserer Bezüge, durch eine ehrliche Abrechnung! Abgeordnete müßten auch in der Lage sein, selbst zu entscheiden, ob die Eisenbahn, das Auto oder der Zug das geeignete Verkehrsmittel sind. Denn: Nicht jeder Anfahrtsweg ist gleich. Ich meine jetzt nicht vom Wohnort her gesehen. Man kann auch in 400, 500 Kilometer Entfernung einige Dinge erledigen. Es liegt im Ermessen des Betreffenden selbst, zu entscheiden. Dazu bedarf es keiner Kommission, die nachrechnet


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite