Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 47

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bediensteter ausübt; das ist in den Ländern teilweise schon stark verbreitet. In einem solchen Fall bezieht er 50 Prozent seines Bezuges, und es ist, wenn nicht ungünstige Umstände dem entgegenstehen, einem solchen Bediensteten ohne weiteres möglich, in seiner Freizeit ein Mandat etwa im Landtag – sicher nicht im Nationalrat – auszuüben.

Das Verfassungsgesetz sieht nun vor, daß für alle Einkommen aus öffentlichem Bereich, die mit einer Mandatstätigkeit verbunden sind, eine Obergrenze eingeführt wird, unabhängig davon, ob der Betreffende eine Dienstfreistellung beantragt und ihm diese gewährt wird. Das sind 75 Prozent. Über dieses Niveau hinaus kann niemand verdienen. Es heißt dann weiter im Verfassungsgesetz: Diese Grenze von 75 Prozent gilt auch dann, wenn weder die Dienstfreistellung noch die Außerdienststellung in Anspruch genommen werden – weil sie gar nicht in Anspruch genommen werden müssen.

Nun kann man darüber diskutieren, wie der Begriff "Dienstbezüge" zu verstehen ist. Man kann natürlich die Auffassung vertreten, Dienstbezug ist das, was einen bei einer Volltätigkeit aufgrund des Gesetzes zusteht, und dieser Dienstbezug wird dann ohnedies auf die Hälfte gekürzt, und das ist sozusagen der fiktive Dienstbezug. Wenn aber der Dienstbezug auf 75 Prozent gekürzt wird, ergibt sich das Problem, daß diese Kürzung wesentlich milder ausfällt, als wenn man nur 50 Prozent bekäme. Das ist sicherlich kein gewollter Lösungsansatz.

Aber auch die Alternative, wenn man den Begriff anders versteht, ist nicht befriedigend, denn wenn man davon ausgeht, Dienstbezug ist das, was jemand tatsächlich bekommt, nämlich statt 20 000 S nur die Hälfte, also 10 000 S, dann führt diese Bestimmung dazu, daß in einem solchen Fall von seinem restlichen Bezug noch einmal 25 Prozent gekürzt werden, obwohl er eine Dienstfreistellung gar nicht in Anspruch zu nehmen hatte.

Ein weiteres Problem: Dienstfreistellungen und Bezugskürzungen sind nur über Antrag vorzunehmen. Daher kann das Problem auftreten, daß bei einer unterlassenen Antragstellung – es ist ja niemand dazu verpflichtet – und bei einem stillschweigenden Einvernehmen mit dem Dienstgeber eine stärkere Kürzung als auf 75 Prozent und auch die Meldung an die Kommission unterbleiben, weil meldepflichtig ja nur Sachverhalte sind, bei denen eine tatsächliche Dienstfreistellung oder Außerdienststellung vorliegt.

Damit sind wir beim nächsten Punkt, daß die Regelung in sich nicht schlüssig ist: Die Kommission kann in solchen ihr bekannt gewordenen Fällen nicht einmal von sich aus tätig werden, weil ihre Tätigkeit an die Meldung der betroffenen Dienstnehmer gebunden ist.

Eine sowohl einfachere als auch der Autonomie der jeweiligen Dienstgeber besser berücksichtigendere Regelung als eine neue Kommission wäre nach unserer Auffassung gewesen – das haben beispielsweise auch die Grünen in einem Antrag im Nationalrat schon vor längerer Zeit vorgeschlagen –, daß die betroffenen Mandatare den bereits bestehenden Unvereinbarkeitsausschüssen des Nationalrates, des Bundesrates und der Landtage die Regelung ihrer Dienstverhältnisse und die Vereinbarkeit mit der Mandatsausübung bekanntgeben und daß darüber selbstverständlich jährlich in einer der Öffentlichkeit zugänglichen und transparenten Weise berichtet wird.

Dazu müßte lediglich der Aufgabenbereich des Ausschusses erweitert werden. Ein nicht unwichtiges Detail dieser ganzen Problematik bleibt auch nach dieser Neuregelung weiter bestehen. Es war schon bisher so, und das wird auch weiterhin so bleiben, daß jedem öffentlich Bediensteten, der sich um ein Mandat im Nationalrat bewirbt, die für die Bewerbung um das Mandat erforderliche freie Zeit zu gewähren ist. Es handelt sich dabei in der Praxis um eine 100prozentige Dienstfreistellung, die jemand in Anspruch nehmen kann, aber nicht muß. Diese Dienstfreistellung wird nach den dienstrechtlichen Vorschriften von der Einbringung des Wahlvorschlages – erst damit ist letztlich jemand rechtsgültig Kandidat – interessanterweise nicht bis zum Wahltag, sondern bis zur Kundmachung des Wahlergebnisses gewährt. Das geht offenbar von der Fiktion aus, daß man nachher noch ein bißchen erholungsbedürftig sei.

Auch diese Frage wird weiterhin für öffentliche Diskussionen sorgen. Ich bin durchaus dafür, daß der öffentliche Dienstgeber seine Mitarbeiter nicht schlechter behandelt, als es andere tun,


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