Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 49

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welche Nachteile mit einer Ablehnung des Gesetzesbeschlusses verbunden sein könnten. Dabei stehen die Behauptung und die verständliche Sorge im Vordergrund, daß damit die Beseitigung arbeitsloser Einkommen verzögert würde. Da es aber dem weitaus überwiegenden Teil der betroffenen Mandatare schon bisher möglich war, auf arbeitslose Einkommen zu verzichten, ist eine rasche Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen zwar sehr wünschenswert, aber keineswegs eine unerläßliche Voraussetzung für die Beseitigung unhaltbarer Zustände. Ich frage mich: Wer hat denn eigentlich noch arbeitslose Einkommen? Und aus welchen Gründen ist in diesen Fällen weder ein Verzicht noch eine Widmungsänderung möglich?

Herr Kollege Prähauser hat eine Äußerung der Parlamentsdirektion zitiert, warum der Nationalratspräsident nicht verzichten könne. Dem ist sachlich nicht viel entgegenzuhalten. (Bundesrat Prähauser: Ich habe auch gesagt, das Gesetz machen wir selbst!)

Ich sage das auch gar nicht kritisch, aber ich habe zufälligerweise am selben Tag in der Zeitung gelesen, wie Herr Kollege Schlögl das gehandhabt hat, der auch Anspruch auf einen Bezug als Bürgermeister hat, ein Amt, das er teilweise ausübt, und er hat nicht davon gesprochen, daß er nicht verzichten könne. Vermutlich könnte er auch gar nicht verzichten, aber er hat – so stand es zu lesen – die Rathausverwaltung angewiesen, diesen Bezug einem gemeindeeigenen Fonds zuzuführen.

Das ist also auch eine Lösung, wie man sich in einer sehr respektvollen Weise von dem Odiosum befreien kann, man beziehe ein arbeitsloses Einkommen. Herr Kollege Schlögl war in der Lage, das zu tun, ohne daß er dafür eines Gesetzes bedurft hätte.

Eine Verzögerung der Verabschiedung dieses Gesetzes kann also niemandem als Rechtfertigung dienen, arbeitsloses Einkommen weiterhin in Anspruch nehmen zu müssen. Eine entsprechende Erklärung und ein entsprechendes Verhalten der restlichen Betroffenen – es können gar nicht mehr viele sein – könnten dieselbe rasche Wirkung wie das Gesetz selbst erzielen und den Druck wegnehmen, auch um den zu hohen Preis unbedachter Regelungen ein sofortiges Inkrafttreten des Anlaßgesetzes beschließen zu müssen.

Damit möchte ich kurz auf eine Grundsatzfrage eingehen. Ich halte es zwar für unsere Gesellschaft in gewisser Weise als typisch, aber doch außerordentlich fragwürdig, daß selbst wir als Führungsorgane des Staates davon ausgehen müssen, bei uns selbst maßhaltendes, vernünftiges, der Bevölkerung vermittelbares Verhalten nicht durch eigene Einsicht zustande zu bringen, sondern daß man dazu einen Gesetzesbefehl brauche. Das ist eine Situation, die eine wesentliche Ursache dafür ist, daß wir über Überbürokratisierung, Gesetzesflut und Verwaltungsreform reden müssen.

Hinsichtlich der anderen Teile des Gesetzesbeschlusses, nämlich des bezügerechtlichen Teils, ist eine Verzögerung völlig belanglos, weil sie ohnedies erst zum bevorstehenden Jahreswechsel, also in einem halben Jahr, in Kraft treten werden. Bis zu diesem Zeitpunkt soll nach einer vom Nationalrat gefaßten Entschließung auch eine umfassende Reform der Politikerbezüge mit einer Einkommenspyramide vorliegen.

Die jetzt überhastet getroffenen zusätzlichen Bezügeregelungen können inhaltlich von dieser Gesamtreform wohl nicht getrennt werden und müssen daher im Herbst ohnedies neu überarbeitet werden.

Gesamthaft betrachtet bringt eine Rückverweisung an den Nationalrat in der Sache selbst also keinen einzigen wirklichen Nachteil, vermeidet aber meiner Ansicht nach weiteren Schaden an der Glaubwürdigkeit der Politik.

Ich halte es auch für eine Fehleinschätzung, wenn man davon ausgeht, daß die teilweise mit beachtlichen Emotionen geführten Diskussionen unter den Bürgern mit der Zustimmung des Bundesrates einen Schlußpunkt finden werden und daß während des Sommers schon Gras über die Sache wachsen werde. Ich glaube vielmehr, daß solche Diskussionen eher durch Einsicht als durch Uneinsichtigkeit wieder in ein ruhigeres Fahrwasser gelenkt werden können und an Sachlichkeit gewinnen. Daher sehe ich es über die Vertretung der klaren Haltung des


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