Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 50

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eigenen Landes hinaus auch als meine ganz eigene persönliche Verantwortung an, dem vom Nationalrat mit knapper Mehrheit beschlossenen Bezügereformgesetz nicht zuzustimmen. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

11.52

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Bundesrätin Giesinger. – Bitte, Frau Bundesrätin.

11.52

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg) : Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Hoher Bundesrat! Das Bezügereformgesetz bereitet mir große Sorge, da ich mich mitverantwortlich dafür fühle, daß es so lange möglich war, Einkommen zu beziehen, ohne dafür zu arbeiten, und das aus öffentlichen Geldern. Zwar war ich noch nicht dabei, als 1983 unter Bundeskanzler Dr. Kreisky und der SPÖ-FPÖ-Koalition mit Zustimmung aller Parteien im Parlament das Gesetz in der jetzigen Form beschlossen wurde, aber ich fühle mich mitschuldig, nicht schon seit meiner Tätigkeit im Bundesrat dafür Sorge getragen zu haben, daß das Bezügegesetz geändert wird.

Herr Staatssekretär! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wie erklären wir dies der Bevölkerung, daß gutbezahlte Mandatare aller Parteien ein Einkommen beziehen, ohne dafür zu arbeiten, ein Einkommen, das x-mal höher ist, als viele Menschen dieses Landes mit ihrer Hände Arbeit verdienen können? Abgesehen davon widerspricht dies auch der christlichen Soziallehre.

Kritisch möchte ich allerdings noch anmerken, daß sich hier eine Situation widerspiegelt, die auch von einem Teil der Bevölkerung praktiziert wird. Ich denke hier an den Sozialmißbrauch. Was oben geschieht, geschieht auch unten, beziehungsweise was unten geschieht, geschieht auch oben.

Ebenso fühle ich mich verpflichtet, zu erwähnen, daß es Mitglieder im Bundesrat sowie Abgeordnete im Nationalrat, in den Landtagen und in den Gemeinden gibt, die trotz Gesetz kein arbeitsloses Einkommen beziehen und dies sofort bei Ausübung ihres Mandates geregelt haben.

Ich bin auch der tiefen Überzeugung, daß die Spesenregelung im Zusammenhang mit der Bezügepyramide gesehen werden muß. Leider ist es in den letzten Jahren Brauch geworden, zuwenig ausgereifte Regierungsvorlagen zu erstellen.

Ich appelliere nochmals in diesem Zusammenhang, bei der Erstellung von Regierungsvorlagen folgendes zu beachten:

Erstens: Es sollte die Durchführbarkeit in der Praxis überprüft werden.

Zweitens: Es sollten verständliche Gesetzestexte erstellt werden.

Drittens: Es sollte eine Kostenberechnung für Länder, Gemeinden, die Wirtschaft und für die Bevölkerung angeschlossen werden.

Abschließend möchte ich meine Gründe darlegen, warum ich das Bezügereformgesetz ablehne:

a) Durch das Gesetz entsteht ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand.

b) Die Spesenregelung ist zuwenig ausgereift. Es sind noch viele Details ungeklärt, die erst in Richtlinien festgelegt werden müssen.

c) Die Regelungen gelten nicht für Mandatare, die in Selbstverwaltungskörpern, die auch öffentliche Gelder verwalten, arbeiten, gelten zum Beispiel nicht in den Sozialversicherungen, bei denen wir wissen, daß dort ein enormes Defizit ist – wir beschließen heute auch die 53. ASVG-Novelle –, in den Kammern, bei der Post, den ÖBB und so weiter.

d) In diesem Gesetz sind weder Einsparungen noch Kosten angeführt.


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