Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 52

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wenn sie auf ihre Frühpension verzichten müssen. Meine Damen und Herren! Die Empörung in der Bevölkerung darüber ist berechtigt.

Viele Politiker haben sich in den letzten Jahren unmoralisch und unsolidarisch verhalten. Solidarität, meine Damen und Herren der SPÖ, ist ein Begriff, den auch Sie noch gelegentlich strapazieren. Solidarität mit dem Bürger ist in dieser Frage gefragt, und unsere Aufgabe als Politiker ist es, diese Solidarität zu leben.

Ein wesentlicher Grund, warum das, was Sie, meine Damen und Herren der Regierungsparteien, als Sparpaket verkaufen wollen, von der Bevölkerung aber als Belastungspaket empfunden wird, ist auch der, daß die Politikerkaste – ich danke für diesen Begriff, Herr Kollege Kone#ny – es nicht zuwege gebracht hat, mit gutem Beispiel sichtbar voranzugehen. Wir sollten nämlich nicht nur an Gehaltspyramiden denken, wir sollten auch an eine Glaubwürdigkeitspyramide denken, und zwar an eine Glaubwürdigkeitspyramide, die auch bei Thomas Klestil beginnen sollte und bis hinunter durchgängig durchgezogen werden muß! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Im Rahmen dieser Glaubwürdigkeit haben wir Freiheitliche – Kollege Repar hat sich darüber lustig gemacht – jene 60 000 S-Grenze eingeführt. – Lustig findet das nur Herr Repar; die Freiheitlichen, die davon betroffen sind, habe ich darüber noch nicht lachen gehört. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Das wird schon durchgeführt.

Die Regelung, die wir heute hier beschließen sollen und die nicht unsere Zustimmung findet, meine Damen und Herren, ist eine Augenauswischerei. Sie wollen damit von der endgültigen Lösung dieses Problems, den Gehältern, der Einkommenspyramide und so weiter ablenken. Die Abschaffung von arbeitsfreien Einkommen ist nur ein Vorwand, denn wie Kollege Weiss schon deutlich gemacht hat: Niemand wurde bisher daran gehindert, für Arbeit, die er nicht leistet, kein Geld zu nehmen. Und daß die Sozialversicherungen, die Krankenkassen, Gewerkschaften, Kammern, Banken und alle diese Institutionen nicht in dieses Gesetz einfließen, ist eine Lücke, die nicht zu akzeptieren ist.

Wir haben als Freiheitliche und auch als westösterreichische Mandatare den Verdacht, daß hier überhaupt keine Neuregelung gewollt wird, daß die Verschiebung auf die sogenannte Einkommenspyramide eine unrealistische ist und nur der Verschleierung dieses Unwillens dient.

Meine Damen und Herren! Wir haben mit Beginn der letzten Landtagsperiode in Vorarlberg eine Regelung eingeführt, die dazu geführt hat, daß es im Lande Vorarlberg für Abgeordnete keine Abfertigungen und keine Pensionen mehr gibt. Wir haben das auf freiheitliche Initiative hin in der Regierungskoalition ohne Probleme diskutieren können. Alle Parteien im Vorarlberger Landtag haben zugestimmt und von niemandem, von keinem Vorarlberger Abgeordneten, ist dabei irgendein sadomasochistischer Salto verlangt worden in bezug auf jene Einzahlungen, die er früher in den Pensionsfonds geleistet hat.

Die klare Regelung bedeutet, daß neu eintretende Abgeordnete nicht mehr in den Pensionsfonds einbezahlen, keinen Beitrag bezahlen müssen und deshalb auch keine Pension bekommen, sondern diese Dinge privat regeln können. Die Abschaffung der Politikerabfertigung ist eine klare Sache gewesen, und die Erhöhung der Pensionsbeiträge jener Abgeordneten, die noch der alten Regelung unterliegen, waren eine Selbstverständlichkeit.

Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen und ich als Vorarlberger Bundesrat können deshalb heute nur an Sie appellieren: Stimmen Sie gegen dieses Gesetz! Zum einen aus föderalistischer Sicht, weil es um das Selbstverständnis, um das Selbstbewußtsein dieser Länderkammer hier heute geht, und zum anderen: Stimmen Sie gegen dieses Gesetz, weil es um die Glaubwürdigkeit der Politik in diesem Lande geht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.04

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Hüttmayr. Ich erteile es ihm.


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