Bundesrat Stenographisches Protokoll 616. Sitzung / Seite 79

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Das vorliegende Paket und die Maßnahmen, die darin enthalten sind, sind phantasie- und gedankenlos, eine Fortsetzung der großkoalitionären Einbahnstraße, die statt echten Reformen nur Abkassieren durch Steuern und Beitragserhöhungen kennt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es ist dies umso ärgerlicher, weil – wie ich es schon gesagt habe – die Situation, in der wir uns befinden, absehbar und vorhersehbar war. Die Situation der Entwicklung der Krankenkassen war bekannt. Im Sozialbericht 1994 steht es auch ganz klar geschrieben: Die Gebietskrankenkasse hatte 1993 einen Abgang von einer halben Milliarde, 1994 von über 1 Milliarde Schilling, ein Betrag, den für das Jahr 1995 die Wiener Gebietskrankenkasse fast schon allein für sich verbuchen kann.

Eine noch schlechtere Entwicklung – nicht der Höhe nach, sondern prozentmäßig – hat die Versicherungsanstalt der öffentlich Bediensteten genommen. In diesem Zusammenhang ist interessant zu erwähnen, daß zumindest für den Zeitraum 1993/94 die Versicherungsanstalten der gewerblichen Wirtschaft eine positive Entwicklung genommen haben.

Wenn Sie diese Zahlen betrachten, können Sie nicht sagen, Sie hätten es nicht gewußt. Sie müssen sich aber den Vorwurf gefallen lassen, nichts getan zu haben, obwohl Sie davon wußten. Sie haben nichts getan, schon gar nicht rechtzeitig, aber Sie tun auch jetzt nichts, denn Gebühren einzuführen, Beiträge zu erhöhen und sozial Schwache zu belasten, sind keine Lösungen und können keine Lösungen sein. Und wir Freiheitlichen können schon aus diesen generellen Gründen diesem Anti-Sozialpaket nicht zustimmen.

Einige Details in diesem Paket bieten zusätzliche Kritikpunkte, sie sind zum Teil versteckt. Den Erläuternden Bemerkungen ist zu entnehmen, daß der Staat damit zusätzlich belastet wird, da er 854 Millionen Schilling jährlich ab dem nächsten Jahr aus dem Familienlastenausgleichsfonds an die Krankenkassen zu zahlen hat, und dieser Familienlastenausgleichsfonds ist schon jetzt notleidend und schwer defizitär. Dafür erspart sich dieser Familienlastenausgleichsfonds 350 Millionen Schilling, die er nun nicht mehr an die ÖBB zahlen muß. Die ÖBB bekommen somit um 350 Millionen Schilling weniger, was wahrscheinlich in einer Verschlechterung der Leistungen oder möglicherweise in einer Erhöhung der Fahrpreise zu Buche schlägt. Doch auch dem Familienlastenausgleichsfonds fehlt jetzt zusätzlich eine halbe Milliarde Schilling, ein Betrag, der hereingebracht werden muß. Und auch da könnte es auch durchaus sein, daß diese halbe Milliarde durch Beitragserhöhungen hereingebracht werden muß, was letztlich zu einer Belastung der österreichischen Wirtschaft und der Unternehmen führt.

Auch in dieser Frage hat sich der Jetzt-Familienminister Bartenstein wieder einmal als Umfaller erwiesen, doch ebenso als Umfaller sind die Wirtschaftsvertreter der ÖVP in Erscheinung getreten, nämlich beim Inkasso der Krankenscheingebühr. Warum ist eigentlich diesbezüglich die Weigerung der Ärzteschaft so erfolgreich gewesen? – Die Ärzteschaft hat ja eigentlich mit der Verrechnung der Krankenscheine, mit den Kassen an sich zu tun. Die Ärzte haben sich jedoch geweigert, und das hat man offenbar kommentarlos und ohne Widerstand zur Kenntnis genommen. Warum es gerade die Wirtschaft und die Unternehmen sind, die nun diese zusätzliche bürokratische Abrechnungsarbeit vornehmen müssen, hat man uns im Ausschuß bekanntgegeben: Es war ein Kompromiß der Sozialpartner, es gab ein sozialpartnerschaftliches Verhandeln, und schon war es geschehen. Die Unternehmer haben das Bummerl!

Was nützen die großartigen Resolutionen am Kammertag der österreichischen Wirtschaftskammer? – Das sind nur Alibihandlungen, wenn die Wirtschaftsvertreter vorher in den sozialpartnerschaftlichen Verhandlungen dem Bummerl für die österreichischen Unternehmer schon zugestimmt haben.

Was liegt – das pickt!, ist eine gängige Volksweisheit, und im Ausschuß haben wir gehört, daß die Einführung des Chips für die Kassen zu teuer ist. Und aus diesem Grund wird dieses Bummerl den österreichischen Unternehmen wohl auf ewig bleiben – ein weiterer unbezahlter Frondienst für den Staat, unbezahlt, doch mit der vollen Verantwortung für die Abrechnung, für das damit verbundene Inkasso, für die Stornoprobleme, die möglicherweise auftauchen, für die Abfuhr des Geldes und für den Verwaltungsaufwand. Die Details stehen noch nicht fest, aber ich


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