Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 37

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weiterhin vom Ernstfall verschont zu bleiben. Daß Verteidigungspolitik aber nicht bloß eine Reaktion auf die heutigen Zustände sein darf, sondern die kommenden Jahrzehnte und die dann möglicherweise entstehenden Krisen und Bedrohungen ins Auge fassen muß – das geht den österreichischen Politikern offenbar nur sehr schwer in den Kopf."

Ich glaube, daß das keine verantwortungsvolle Haltung in einer so wichtigen Frage ist, und ich möchte auch, Herr Vizekanzler, noch einmal zurückkommen auf unsere Diskussion im Ausschuß am vergangenen Dienstag, als es um die Frage Zusammenschluß WEU und EU gegangen ist und Sie gemeint haben, dies sei nicht aktuell und allenfalls eine Minderheitsposition in den Mitgliedsstaaten der EU. Heute haben Sie es ein bißchen anders gesagt und haben gesagt: die Hälfte der EU-Staaten. (Zwischenbemerkung des Bundesministers Dr. Schüssel. ) Ja. Ich spreche hier auch nicht über einen sofortigen, sondern über einen mittelfristigen Zusammenschluß, aber man muß sich ja einmal eine Meinung bilden. Es ist ja nicht damit abgetan, daß wir sagen, wir warten auf etwas, von dem wir nie wissen, ob und wann es kommt, und wir haben dazu keine Meinung.

Eine Meinung dazu hat aber der Rat der Europäischen Volkspartei laut Meldung vom 12. 9. 1996, an dem auch Sie teilgenommen haben, wie aus dem Protokoll hervorgeht. Dieser EVP-Rat hat eine Entschließung gefaßt, in der es dann unter anderem heißt:

"Ebenfalls zu den Sicherheitsproblemen hält es der EVP-Rat, der erneut bekräftigt, daß sich die WEU mit der EU zusammenschließen sollte, für logisch, daß die Länder, die in Zukunft der EU beitreten wollen, auch Mitglied der Westeuropäischen Union werden."

Ich glaube schon, Herr Vizekanzler, daß es ein bißchen zu wenig ist, daß Sie sich Gedanken darüber machen, wie die künftigen Mitglieder der EU zu einer allfälligen Mitgliedschaft in der WEU stehen, bevor Sie sich Gedanken darüber gemacht haben, wie Österreich überhaupt dazu steht. Ich glaube, daß es hoch an der Zeit ist, hier zu einer Meinungsfindung zu kommen.

Auch betreffend Ihre Aussage im Ausschuß, es handle sich bei der Diskussion über die WEU nur um Petersberg-Aktionen, möchte ich auch hier verweisen auf eine jüngste Meldung vom 9. 10. 96, Agence Europe Brüssel. (Zwischenruf des Bundesrates Kone#ny .) Bitte, das werden Sie schon mir überlassen, Herr Kollege, worüber ich hier spreche. Machen Sie sich Gedanken um Ihre eigenen Probleme. Ich glaube, Sie haben momentan genug. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Laut dieser Meldung gibt es einen Vorschlag der Kommission, wonach der Artikel J.4 Abs. 2 folgendermaßen geändert werden soll: "Die Union beauftragt anstatt ‚ersucht’ die WEU, die Entscheidungen und Aktionen, die verteidigungspolitische Züge haben, auszuarbeiten und durchzuführen." Das heißt ausdrücklich verteidigungspolitische und nicht nur Petersberg-Aktionen. (Vizepräsident Dr. Schambeck übernimmt den Vorsitz.)

Zusammenfassend möchte ich festhalten: Die österreichische Außenpolitik eignet sich nicht als Spielwiese zur gegenseitigen Profilierung einzelner Regierungsmitglieder oder Regierungsparteien auf Kosten des anderen. Erfolge für Österreich und die österreichische Außenpolitik setzen gemeinsames Handeln voraus. Ich möchte hier noch als Beispiel die Frage der Nettozahlungen anführen, weil das auch im Ausschuß am Dienstag angesprochen wurde. Ich glaube nicht, daß hier etwas erreicht werden kann, wenn Sie, Herr Vizekanzler, auf der einen Seite sagen, bei den Nettozahlungen kommt ohnehin soviel zurück, daß wir uns keine Sorgen machen müssen, während Ihr eigener Wirtschaftsminister sagt, wir müssen diese Nettobeiträge neu verhandeln und müssen auch für die Förderungen ein neues System finden. Ich glaube, daß hier fahrlässig mit den Interessen der Österreicher umgegangen wird und daß der 13. Oktober ein klarer Auftrag an Sie war, diese Politik zu ändern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

10.57

Vizepräsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Kone#ny. Ich erteile es ihm.


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