Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 48

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berichten. Immer wieder, Herr Vizekanzler, stelle ich fest, daß einem Ersuchen um Übermittlung eines Länderberichts raschest nachgekommen werden kann und die darin enthaltenen Informationen aktuell sind. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte aber nicht nur erwähnen, wie zuverlässig die Berichte sind, sondern auch sagen, mit wieviel Umsicht unsere Vertretungen im Ausland in kürzester Zeit für uns parlamentarische Funktionäre Gesprächskontakte organisieren. Meine Damen und Herren! Das ist ein Zeichen dafür, daß einerseits Österreichs Verhalten im Rahmen der Völkerfamilie anerkannt wird und andererseits gute Kontakte laufend gepflegt werden. Dieses Pflegen der guten Kontakte ist nicht etwas, das nur zu festgesetzten Bürozeiten stattfindet. Auf diese hohe Motivation unserer im Ausland tätigen Beamten sollte von dieser Stelle aus hingewiesen werden, und sie sollte auch gewürdigt werden. (Beifall des Bundesrates Meier. )

Die Ausführlichkeit des Berichtes regt natürlich dazu an, sich mit vielem auseinanderzusetzen, das im Rahmen unseres tagespolitischen Handelns eher im Hintergrund steht. Als Beispiel nenne ich das Kapitel über die österreichische Haltung zur Verlängerung des Vertrages über die Nichtverbreitung von Atomwaffen – ein Thema, das zur Zeit meines vorjährigen Japanbesuches gerade aktuell war. Die Konferenz, die ich besuchte, war eigentlich Fragen der Entwicklungspolitik gewidmet. Da aber Entwicklung sehr, sehr eng mit Frieden zusammenhängt, kam natürlich auch dieses Thema zur Sprache. Der österreichische Standpunkt wurde gehört, und er wurde auch begrüßt. Ich erwähne das deshalb, weil vielleicht manche meinen könnten, der Bericht sei etwas zu "dick" geraten. Ich meine aber, gerade wenn wir ihn als Arbeitsbehelf betrachten, und das ist er zweifellos, dann ergeben eben diese vielen Mosaiksteinchen das Gesamtbild unserer Außenpolitik.

Über so vieles möchte man reflektieren, die zur Verfügung stehende Zeit erlaubt es nicht. Ich möchte aber doch darauf hinweisen, daß es Teile gibt, die sehr interessant zu lesen sind, und ich werde mich heute mit den Ereignissen am Balkan beschäftigen.

Meine Damen und Herren! Ich war heuer im Herbst eine der Wahlbeobachterinnen in Bosnien-Herzegowina. Es war also unter anderem meine Aufgabe, zu evaluieren, ob denn das Dayton-Abkommen des Vorjahres auch ordnungsgemäß zum Tragen kommt. – Meine Einschätzung ist, daß die OSZE, die die Organisation der Wahlen überhatte, im großen und ganzen gute Arbeit geleistet hat. Allerdings muß ich auch betonen, daß es gut war, die Kommunalwahlen zu verschieben, sie eben nicht gleichzeitig mit den anderen zentralen und Kantonalwahlen durchzuführen. Und persönlich – auch da, Herr Vizekanzler, deckt sich das ganz mit Ihrer Meinung – halte ich den jetzt anvisierten Termin ebenfalls für verfrüht. Aber zurück zu den durchgeführten Wahlen.

Von dort, wo ich beobachtet habe, nämlich in Sarajewo selbst, kann man mit Fug und Recht sagen, daß die Menschen, nämlich die Mitglieder der Wahlkommissionen wie auch die Wähler selbst, gezeigt haben, daß sie in Würde der Welt beweisen wollten, daß sie demokratische Rechte ernst nehmen. Die Schwierigkeiten, die es mit den Wählerlisten gegeben hat, sind meiner Meinung nach auch im Bereich der organisatorischen Arbeit der OSZE gelegen. Zwischen 10 und mehr Prozent der Wahlberechtigten schienen in den Wählerlisten, die in den Wahllokalen aufgelegen sind, nicht auf. In den meisten Fällen konnte dieser Mangel behoben werden. Aber für die Menschen im Wahllokal war es eine böse Sache, und zwar deshalb: Nach diesem grauenhaften Krieg, in dem viele ihre Heimat und ihre Familien verloren haben, erleben sie es plötzlich, daß sie – und das sage ich jetzt unter Anführungszeichen – "nicht existent" sind. – Ich glaube, es gäbe eine einfache Lösung nach diesem Debakel, damit nicht wieder fehlerhafte Wählerverzeichnisse aufliegen. Die OSZE könnte nämlich überlegen, für die kommenden Kommunalwahlen entweder Leute, die die Landessprache beherrschen, oder Einheimische zu engagieren, die die Listen schreiben, denn damit könnte zweierlei erreicht werden: Es würden Fehler in der Schreibweise von Namen vermieden werden, und andererseits hätten die Menschen – zwar nur sehr kurzfristig, aber immerhin – Arbeit, und sie würden etwas verdienen können.


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