Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 57

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Meine Damen und Herren! Ich würde Sie aber aus gegebenem Anlaß bitten: Betrachten Sie das alle so wie Herr Vizekanzler Dr. Schüssel, bei dem ich immer achtgebe, weil man kann nicht genug lernen. Er sagt: "Bleiben wir auf dem Boden der Realität." – Aber die Realität muß man entsprechend einschätzen, sodaß Wahlen entsprechend ausgehen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, die Welt beobachtet uns genau. Herr Vizekanzler Dr. Schüssel war damals nicht anwesend, und ein Teil war draußen, ein Teil herinnen. Erlauben Sie mir, daß ich eine Bemerkung wiederhole, die ich wenige Tage, nachdem der Vizekanzler Dr. Schüssel in China war, gemacht habe. Ich bin nicht absichtlich seinen Spuren gefolgt, obwohl Sie mich alle bis Guillien auf ihn angesprochen haben, auch mit Bildmaterial. Als ich in Peking vor der Hochschule für internationale Beziehungen im Mai vergangenen Jahres gesprochen habe, bin ich von glänzend vorbereiteten Studenten nach dem EU-Engagement der Österreicher gefragt worden. Ich habe selten so glänzend vorbereitete Studenten erlebt wie in der Diplomatenakademie in Peking; ich habe, begleitet von Botschafter Dr. Fritz Bauer, im Jahre 1993 am gleichen Institut im Außenministerium in Moskau geredet, aber auf die Rußlandreisen komme ich heute noch zu sprechen.

Meine Damen und Herren! Bei dieser Gelegenheit des Vortrags in Peking hat mich ein Student gefragt – das war um 15 Uhr nachmittags, am Abend hörte ich von Botschafter Dr. Bukowski und dem Gesandten Dr. Müllner, daß nur mehr 30 Prozent der Österreicher für die EU sind –, warum 67 Prozent der Österreicher vorher für die EU gewesen sind, wenn jetzt nur mehr 30 Prozent dafür sind. – In dem Augenblick habe ich gewußt – Sie kennen den Schlager "Es kommt auf die Sekunde an" –, in der Sekunde muß ich das Richtige antworten. Das kann ich aber in diesem Fall nicht rationell, sondern nur emotionell, also habe ich gesagt: Das ist so wie bei Hochzeitsreisenden. Nicht alle kommen von der Hochzeitsreise so glücklich und erfreut zurück, wie sie die Reise erwartungsvoll angetreten haben, und trotzdem wird daraus eine gute Ehe, eine fabelhafte Familie, und sie haben ihr Leben bewältigt.

So ähnlich ist es auch hier: Nicht alle Erwartungen sind beim EU-Vertrag in Erfüllung gegangen, aber es wurde ein dauerhafter Beitrag. Ich gratuliere dem Herrn Außenminister, weil er der Hauptverantwortliche für die Außenpolitik ist, daß wir dieses Wahlergebnis für die ÖVP haben, aber für Österreich auch diese Wahlbeteiligung, meine sehr Verehrten! Das wollen wir, bitte, nicht übersehen. Und dazu haben Sie alle in einer bestimmten Weise beigetragen, weil Sie die Leute darauf aufmerksam gemacht haben: An dem Tag muß man zu Wahl hingehen!

Ich bin gleich in der Früh des Sonntags mit der Bahn zur Wahl gefahren. Ich mache jetzt aber keine Bahndebatte, obwohl ich das bis morgen in der Früh bieten könnte. Es wird immer katastrophaler; das einzige, was bei der Bundesbahn klappt, ist Ankerbrot, weil Herr Präsident Schuster neben der ÖBB auch für Ankerbrot zuständig ist. Unlängst hat am Westbahnhof einer gesagt, wir werden in Zukunft gleichzeitig die Karten verkaufen und die Ankerbrot-Produkte. – Ich gehe aber gerne dort hin und stärke mich.

Ich möchte Ihnen sagen, daß die Wahlbeteiligung über dem europäischen Durchschnitt lag, und die Länder, die mehr Wahlbeteiligung hatten als wir, waren zum Großteil Länder mit Wahlpflicht, daher war die Leistung, die hier erbracht wurde, einfach großartig. Nachdem sich der Außenminister mit seiner Mannschaft toll eingeschaltet hat, möchte ich auch dafür ein aufrichtiges Vergelt’s Gott sagen.

Lassen Sie mich den Dank an einen Mann aussprechen, der heute wahrscheinlich das letzte Mal bei einem Außenpolitischen Bericht unter uns ist, nämlich Herrn Sektionsleiter Botschafter Dr. Wolte. Wenn ich richtig informiert bin, wird Botschafter Dr. Wolte mit Ende dieses Jahres in Pension gehen. Das heißt aber nicht in den Ruhestand – das darf ich auch für mich sagen, weil eine Vortragseinladung an ihn von mir noch nicht ausgesprochen ist, durch die wir dann nächstes Jahr weiterreden. Botschafter Dr. Wolte hat in New York in wichtiger Zeit, später als Botschafter in Peking – das haben auch Präsident Minkowitsch und viele von uns miterleben dürfen – und in Brüssel Bleibendes erbracht – mit seiner Mannschaft; hier habe ich auch Botschafter Dr. Woschnagg zu nennen, unvergeßlich auch Dr. Legtmann, der zuletzt Botschafter in Luxemburg war und in Brüssel Großartiges geleistet hat. Besonders danken möchte ich auch Dr. Thun-Hohenstein, denn, meine Damen und Herren, er hat mit Dr. Cede ein Buch über die EU herausgegeben – lesenswert, von mir oft zur Hand genommen – und jetzt, allgemein


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite