Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 58

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verständlich, ein weiteres Buch, um diese Europafragen zu popularisieren. Ich lade Sie alle ein, diese Bücher zur Hand zu nehmen. In wenigen Tagen ist der österreichische Nationalfeiertag, und ich hoffe, daß ihn nicht alle zum bloßen Wandern benutzen. Ich habe meinen Studenten schon gestern gesagt, wer am 26. Oktober wandert, dem nenne ich jetzt die Literatur, die er im Mantel unterbringt, damit er, wenn er sich irgendwo stärkt, etwas daraus zum Besten geben kann. Zu dieser Literatur gehört auch dieses Buch von Cede und Thun-Hohenstein. Meine Damen und Herren! Wir müssen noch mehr als bisher zur Popularisierung der politischen Notwendigkeiten beitragen.

Meine Damen und Herren! Wir sind heute so froh beisammen als Bundesrat – wir sind ja Länderkammer! Daß der Herr Vizekanzler und Außenminister, der viele Termine hat, auch sicher in der Mittagszeit, noch bei uns ist, geht auch darauf zurück, daß er eine große Achtung vor dem Föderalismus hat. Er war lange Zeit Mandatar für das Waldviertel, da lernt man den Föderalismus in besonderer Dimension kennen.

Hier möchte ich Ihnen sagen, wir haben mit der Europäischen Integration auch ein besonderes Anliegen, nämlich daß mit dieser Europäischen Integration auch bei uns die Bundesstaatsreform durchgeführt wird, meine Damen und Herren! Man hat den österreichischen Wählern in allen Bundesländern vor der Volksabstimmung gesagt, es wird eine Änderung beim demokratischen Bauprinzip, beim Parlamentarismus, bei der Gewaltenteilung und auch beim Föderalismus geben, und der Herr Bundeskanzler Dr. Vranitzky hat mit Landeshauptmann Ludwig damals für die Landeshauptmännerkonferenz 1992 ein Paktum abgeschlossen, in dem genau diese Anliegen des Föderalismus festgehalten wurden.

Ich muß Ihnen sagen, meine Damen und Herren, jetzt schreiben wir 1996, und das, was man damals versprochen hat, was mit ausschlaggebend war – je nach Föderalismusbewußtsein – in den einzelnen Bundesländern, ist heute noch nicht erfüllt. Das Föderalismuspaktum von Perchtoldsdorf mit der Unterschrift des Bundeskanzlers, von dem er selbst hier gesagt hat, er stehe zu seiner Unterschrift – ich zweifle keine Sekunde daran –, ist immer noch zu erfüllen!

Ich habe – um meine viele Freizeit auch zu diesem Zweck zu nutzen – eine Gastvorlesung an der Universität Heidelberg zu diesem Thema, erweitert, gehalten und Mitte Juli in der Österreichischen Juristenzeitung veröffentlicht über "Europäische Integration und Föderalismus". Ich darf sie dem Herrn Vizekanzler überreichen, dem Herrn Bundeskanzler werde ich sie mit Brief nachreichen. Ich stelle darin genau dar – ich werde das demnächst auch über die Föderalismus-Novellen tun –, was bei uns noch offen ist und was man der Öffentlichkeit, Hoher Bundesrat, versprochen hat.

Auch Kollege Kone#ny und meine Vorredner haben treffend darauf hingewiesen, der Föderalismus verlange das Subsidiaritätsprinzip, und was wir uns alle von Turin erwarten. Das wurde gestern auch vom Herrn Vizekanzler glänzend dargestellt, und es tut mir leid, daß ich kein Aufnahmegerät mithatte, denn das hätte ich gerne anderen vorgespielt, weil es so herrlich zusammengefaßt war. Ich habe das auch gestern in der Vorlesung gebracht.

Hohes Haus! Wir verlangen die Anerkennung des Subsidiaritätsprinzips von der Europäischen Union, aber ich frage mich, wann das Subsidiaritätsprinzip in diesem Haus anerkannt werden wird, meine Damen und Herren! Glauben Sie mir, der Konsultationsmechanismus, wie immer er aussehen wird, wird es nicht sein, Hoher Bundesrat!

Nachdem wir im vergangenen Jahr ein Jubiläum des Bundes-Verfassungsgesetzes hatten, das nicht zu einer Neukodifikation geführt hat, und nachdem wir jetzt eine Millenniumsfeier haben – ich fahre nächste Woche auch nach München, Herr Generalkonsul Dr. Köffler bereitet da eine großartige Jahrtausendfeier vor; ich glaube nicht, daß wir die Urkunde aus diesem Anlaß geschenkt bekommen, sondern vielleicht ein neueres Exemplar des Faksimiles –, meine ich, daß es höchste Zeit wird, daß auch wir hier einen Beitrag zum Jubiläum in Form einer Bundesstaats- und einer Bundesratsreform und zu einer Neukodifikation des Bundes-Verfassungsgesetzes leisten, bevor das Jahr 2000 kommt, denn, meine Damen und Herren, wir brauchen ein neues Föderalismus-, ein neues Verfassungs- und ein entsprechendes Staatsbewußtsein.


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