Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 60

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Als Jurist möchte ich Ihnen sagen: Es wäre von größter Wichtigkeit, daß sich die Staaten in Mittel- und Osteuropa, die sich um eine Mitgliedschaft bei der EU bemühen und die sich vorher – wie zum Beispiel die Slowakei – um die Mitgliedschaft beim Europarat bemüht haben, auch des Standards, demokratischer Verfassungsstaat zu sein, besinnen. Ich danke Vizekanzler Dr. Schüssel, daß er das auch gegenüber Bratislava zum Ausdruck gebracht hat.

Als ich vor einiger Zeit mit der ÖVP-Bundesratsfraktion bei Herrn Staatspräsidenten Ková# in Preßburg gewesen bin – die Damen und Herren erinnern sich –, haben wir auch von diesen Erfordernissen gesprochen – es war damals Dr. Strimitzer, der von den Grundrechten und auch von Minderheitenschutz gesprochen hat –, und ich darf Ihnen sagen, wir haben nicht die Aufgabe, andere Staaten zu belehren, aber wohl einen Mindeststandard einzumahnen.

Ich möchte meinen, es ist auch nicht gut, für andere Staaten die Sicherheitserklärungen abzugeben. Daher habe ich auch eine differenzierte Auffassung gegenüber der Äußerung des Herrn Kollegen Professor Dr. Heinz Fischer vor dem russischen Parlament. Die Öffentlichkeit hat das auch nicht ganz begriffen. Sie ist ja an dem betreffenden Tag in der Sendung "Zeit im Bild" gleich nach der Übertragung über den Besuch des Herrn Bundeskanzlers Dr. Vranitzky in Peking über diese Äußerung des stellvertretenden Parteivorsitzenden der SPÖ aus Moskau informiert worden. Sie von der SPÖ werden sicher bei Ihrer Wahlanalyse in Ihren Sektionen darüber sprechen; das ist nicht Aufgabe der Länderkammer.

Ich sage Ihnen nur, ich beachte mit Respekt die Aktivitäten des Nationalratspräsidenten Dr. Fischer, der zweifellos einer der bedeutendsten Juristen und ein glänzender Parlamentarier ist, der Stoff geben wird für viele Dissertationen und Habilitationen – mit Diplomarbeiten würde man seiner Bedeutung nicht gerecht –, aber gerade deshalb möchte ich nicht zur Tagesordnung übergehen, meine Damen und Herren! Ich habe das auch im Fernsehen verfolgt, wobei ich zufällig bei der ersten "Zeit im Bild" zugeschaut habe, was ich normalerweise nicht tue, weil mir die Zeit zu kostbar ist. Ich möchte Ihnen nämlich sagen: Darüber zu befinden, ob sich Staaten Mittel- und Osteuropas der NATO anschließen oder nicht, ist nicht die Aufgabe der Republik Österreich und des ersten Repräsentanten des Nationalrates.

Der Redakteur des "Kurier", der einen blendenden Artikel dazu geschrieben hat, hat vom "Parlamentspräsidenten" geschrieben. Es muß "Präsident im Parlament" heißen, aber nicht "Parlamentspräsident", denn es gibt auch noch andere in diesem Haus. Ich darf Ihnen aus dem "Kurier" zitieren. Das ist also nicht ein Zitat von mir, sondern ein Zitat des Redakteurs Otto Klambauer, der im "Kurier" vom 11. Oktober 1996 unter dem Titel: "Da sprach Fischer nicht im Namen aller Österreicher" – mit Zustimmung der Frau Präsidentin darf ich hier zitieren – folgendes schrieb:

"Doch Fischer ging (vorauseilende Erfüllung Moskauer Erwartungen?) zu weit. Am Rande seines Duma-Auftritts erklärte er, es sei ,weder Auffassung der Regierung noch des Parlaments, daß Österreich seine Neutralität aufgeben soll.‘ Da verschwieg er, daß im Nationalrat ein Meinungsbildungsprozeß über Neutralität im Gange ist – ihm wäre kein Stein aus der Krone gefallen" – schreibt Herr Redakteur Klambauer im "Kurier" –, "dies in Moskau zuzugeben.

Zudem erteilte Fischer indirekt der NATO-Osterweiterung eine Absage" – wörtliches Zitat –: ",Wir teilen die Meinung, daß es für Europa nicht gut wäre, wenn neue Grenzen beziehungsweise Blöcke entstehen würden.‘ Der Duma zu suggerieren, Österreich sei gegen eine NATO-Erweiterung, ist falsch. Es ist in Österreichs Interesse, daß sich unsere Nachbarn sicherer fühlen. Dies tun sie eben offenkundig im NATO-Beitritt.

Da sprach Heinz Fischer" – erklärte der Herr Redakteur Otto Klambauer – "nicht im Namen aller Österreicher. Ein Parlamentspräsident" – da muß ich ihn korrigieren: Nationalratspräsident – "muß im Ausland diesen Nationalrat in seiner Gesamtheit vertreten – und nicht persönliche Parteipositionen." – Ende dieses Zitats.

Meine Damen und Herren! Ich habe im Jahr 1993 in Moskau auch einen Vortrag gehalten. Der ist nachlesbar, denn dieses Buch, das in drei Auflagen in der Staatsdruckerei zu meinem 60. Geburtstag erschienen ist – initiiert von einigen Freunden; einer davon, Präsident Weiss, ist


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