Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 74

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Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn eine zusammenhängende Menschenrechtspolitik entwickelt wird, die jenseits von Betroffenheitsritualen unterdrückten Völkern und verfolgten Menschen wirklich hilft und auch vor eigenen Mißständen nicht haltmacht.

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich an dieser Stelle eine Bemerkung zu der unerfreulichen Tatsache der Attentatsdrohungen gegen burgenländische Volksgruppen durch die Briefbomben, Serienbombenanschläge machen.

Meine Damen und Herren! Wir dachten, Österreich befinde sich bereits in einer Zeitepoche, in der die Volksgruppen, die Religionsgruppen, unterschiedliche Gruppierungen, welche auch immer, gegenseitige Toleranz, Achtung und Anerkennung finden. Dem ist aber nicht so, wie diese bedauerlichen Ereignisse zeigen.

Meine Damen und Herren! Diese Attentatsdrohungen sind Angriffe auf die rechtsstaatliche und demokratische Ordnung in Österreich. Es werden von verbrecherischen Gruppierungen Anstrengungen unternommen, alle toleranten, friedvollen und freiheitsbewußten Mitmenschen in den burgenländischen Volksgruppen zu verhöhnen, vor den Kopf zu stoßen und letztlich alle demokratischen Organe dieses Staates zu brüskieren. Ich denke, auch wir im Bundesrat sind dazu aufgerufen, diese Attentatsdrohungen gegen die burgenländischen Volksgruppen, auch gegen Konfessionen, auf das schärfste zu verurteilen. Ich bin der Meinung, daß dies ein Angriff auf die Vielfalt des Burgenlandes ist, auf eine Vielfalt, auf die die Burgenländer sowie ganz Österreich bisher stolz waren und in Zukunft auch stolz sein können.

Meine Damen und Herren! Österreichs Vermittlerrolle als neutraler Staat in den Zeiten des kalten Krieges hat Österreich zu einem wichtigen Ansprechpartner für die Anliegen der mittel- und osteuropäischen Länder in der Union gemacht. Diesen Status sollten wir daher auch nicht leichtfertig aufgeben, wenn es um die Belebung einer Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik geht.

Meiner Ansicht nach sind zwei Aspekte dabei besonders zu beachten. Erstens: Wie sieht Österreich seine Position innerhalb der europäischen Sicherheitsarchitektur? Zweitens: Was trägt Österreich dazu bei, daß die Union einen stärkeren Einfluß auch auf internationaler Ebene ins Spiel bringen kann?

Zum ersten: Wir müssen die Neutralität, so wie sie ist, im Sinne einer dynamischen Interpretation, die wir ihr immer gegeben haben, weiterentwickeln, um auf ein zukünftiges Konzept und eine zu entwickelnde Säule der europäischen Solidarität vorbereitet zu sein. Es liegt an Österreich, die Neutralität mit Leben zu erfüllen, sie mit der Friedenspolitik der UNO weiter im Einklang zu sehen und die europäische Solidarität zu ergänzen. Es liegt an Österreich, zunächst einmal auszuloten, unter welchen Bedingungen sich eine Mitgliedschaft Österreichs an der europäischen Sicherheitsstruktur bewerkstelligen läßt.

Zum zweiten: Außenpolitisch muß die Union endlich mit einer Stimme in außenpolitischen Fragen auftreten. Wie die Fälle im ehemaligen Jugoslawien und auch die jüngsten Zwischenfälle in Israel gezeigt haben, braucht Europa dringend funktionierende Instrumente des Krisenmanagements.

Meine Damen und Herren! Europa muß lernen, seiner sicherheitspolitischen Verantwortung gegenüber der restlichen Welt zu entsprechen. Ob diese Aufgabe durch einen "Mister" oder eine "Miss GASP" oder eine eigenständige Analyseeinheit wahrgenommen wird, ist in den nächsten Wochen und Monaten zu klären. Das ändert jedoch an der Tatsache nichts, daß es nicht so bleiben kann und darf, daß die Amerikaner im Zweifelsfall für das Handeln, die Europäer aber nur für die Bedenken zuständig sind.

Das Bestreben, zu einer neuen europäischen Sicherheitsstruktur zu finden, muß aus dem Konglomerat Europäische Union, WEU, NATO in Zusammenarbeit mit der OSZE eine Grundfeste für eine neue gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsordnung gießen. Die Schwierigkeit der Beurteilung der zukünftigen Sicherheitsarchitektur liegt im amorphen Erscheinungsbild dieser Variablen. Ich erwähne nur das Schlagwort "NATO neu". So hat der aus der Ära des


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