Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 83

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dem Finanzamt jeden Werkvertrag melden, und sie haben zu beachten, daß sie von dem 8 000 S übersteigenden Betrag eine Vorabzugssteuer – bitte das nicht zu verwechseln mit dem Vorsteuerabzug, das klingt nur so ähnlich, ist aber etwas ganz anderes – einbehalten und abführen müssen. Zudem wurde ein Freibetrag und nicht eine Freigrenze geschaffen. Damit es noch komplizierter wird, hat dann der Auftragnehmer bis zum 31. Jänner des Folgejahres die Möglichkeit, zu beantragen, daß er Versicherungsbeiträge, die er zuviel bezahlt hat, rückvergütet bekommt. Der Auftraggeber hat diese Möglichkeit nicht, dafür werden aber letztlich die Sozialversicherungsbeiträge für die Lehrlinge im ersten Lehrjahr um 1,5 Prozent gekürzt.

Es ist jedenfalls im erheblichen Ausmaß für Beschäftigung und auch für Tonnen von Papier, die in Bewegung gesetzt werden, gesorgt. Die arme Gebietskrankenkasse beziehungsweise der Sozialversicherungsträger, wie es so schön heißt, kann das Papier, das er Ende Juli für Dinge, die ab 1. Juli schon in Kraft gewesen waren, herausgegeben hat, einstampfen, weil jetzt der Großteil wieder neu ist. Er hat in seinem acht Seiten langen Informationsblatt auch bekanntgegeben, daß er über weitere Details und über die Form der Durchführung des Jahresausgleiches noch weiter ausführlich informieren wird. Die Arbeitgeber und auch die geschätzte Bevölkerung können also gespannt darauf sein, wie alle diese komplizierten Regelungen dann administriert werden.

Es geschieht ein massiver Eingriff in bestehende Wirtschaftsabläufe, auf die ich noch später zu sprechen kommen werde, wobei in diesem nun entstehenden Chaos natürlich auch Platz für etliche Schmankerl sein wird. Herr Johannes Strohmayer, seines Zeichens Steuerberater und auch Mitglied des Liberalen Forums (Bundesrat Dr. Kaufmann: Das ist aber ein Freiheitlicher! – Bundesrat Dr. Kapral: Kein Freiheitlicher!) – beim Liberalen Forum hat er auch kandidiert –, hat gesagt: In diesem Bereich wird der Wahnsinn total.

Wird beispielsweise ein freiberuflicher Sprachlehrer ohne Gewerbeschein für einen einwöchigen Kurs oder Lehrgang verpflichtet, so wird aus dem Werkvertrag ein freier Dienstvertrag, weil es sich plötzlich nicht um ein einmaliges Werk, sondern um eine durchgehende Tätigkeit handelt. Wenn er dafür 12 000 S erhält, dann sind nun Sozialversicherungsbeiträge und auch der Steuerabzug fällig.

Da gibt es aber einen Ausweg: Wenn sich die Möglichkeit ergibt, daß dieser einwöchige Kurs über das Monatsende hinweg läuft, dann verteilt sich das Gesamteinkommen für diesen Werkvertrag – oder was ist es jetzt?, ein freier Dienstvertrag, glaube ich, oder ist es vielleicht doch ein dienstnehmerähnlicher?, nein, es ist eher doch ein freier Dienstvertrag –, dann liegt er wieder unter der Grenze, und es ist praktisch nichts fällig dafür, obwohl es sich um einen einheitlichen Auftrag handelt. Es wird sich in Zukunft alles noch herausstellen, was da jetzt alles wahr daran ist. Aber urteilen Sie bitte selbst, wie praktikabel und in die Praxis umsetzbar diese Regelung ist.

Meine Frage im Ausschuß nach den Unterscheidungskriterien wurde dahin gehend beantwortet, daß der Vertreter des Ministeriums gesagt hat, er wolle keine Vorlesung halten. Es wäre aber wahrscheinlich doch notwendig gewesen, diese zu halten, um tatsächlich die Unterscheidungskriterien auf den Tisch zu legen. Er hat dann gemeint: Letztendlich bliebe über, daß dienstnehmerähnliche Beschäftigte – er hat nicht mehr von Beschäftigungsverhältnissen gesprochen, sondern schon "Beschäftigte" gesagt – persönlich unabhängig und wirtschaftlich abhängig seien, während der freie Dienstnehmer – auch hier ist bereits wieder die Rede von einem Dienstnehmer – persönlich unabhängig, dafür aber entweder wirtschaftlich abhängig oder wirtschaftlich unabhängig sein kann.

Ich frage Sie jetzt, wo die Unterscheidungskriterien liegen, aber wir können das selbst im Text nachlesen, und dann wird es ja hoffentlich dem Staatsbürger klar werden, was der Gesetzgeber damit meint, wenn er freie Dienstverträge als solche bezeichnet, die sich auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zu Dienstleistungen für einen Auftraggeber verpflichten, ohne Dienstnehmer zu sein, und aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen.

Im Prinzip ist es an sich klar – was bräuchte man also noch mehr? – Kompliziert wird es erst, wenn ich dann betrachte, was dienstnehmerähnliche Vereinbarungen sein können. Die beziehen


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