Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 90

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entledigen Sie sich auch noch der Arbeitnehmerinteressen. Dies, meine Damen und Herren, ist Ihre Entscheidung, dies ist Ihr Weg, Sie haben ihn gewählt. Die Österreicherinnen und Österreicher haben diese Ihre Entscheidung am 13. Oktober zur Kenntnis genommen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Noch viel unverständlicher ist mir aber in dieser Frage die Haltung der Österreichischen Volkspartei. Gerade die Österreichische Volkspartei hat diese vorliegende Reparatur-Novelle bereits als Erfolg feiern lassen und gefeiert. Das ist kurzsichtig, meine Damen und Herren, und zwar deshalb, weil sich die Euphorie, die Sie über diese Novelle verbreiten, als Pyrrhussieg entpuppen wird. Es ist ein Pyrrhussieg, und das bestätigen Ihnen viele Experten, das wird Ihnen durch viele Zeitungsmeldungen bestätigt.

Um nicht in den Verdacht zu kommen, daß das folgende ein freiheitliches Zitat ist oder einer der FPÖ nahestehenden Zeitung entstammt, darf ich Ihnen dazu aus einer Zeitung zitieren, die durchaus Ihrer Ideologie nahesteht. Sie titulierte am 12. Oktober richtig: "Werkverträge – heimlich weitere Verschärfungen".

Ich zitiere aus dem Artikel mit der Überschrift "Werkverträge – neue Details":

"Jeder Schilling, den ein Dienstnehmer bei seinem Dienstgeber über einen zusätzlichen Werkvertrag verdient, ist sozialversicherungspflichtig. Das bedeutet konkret: Wer ein aufrechtes Dienstverhältnis hat, kann beim selben Dienstgeber zwar Werkverträge haben, diese werden zur Bemessung der Sozialversicherung aber mit dem Gehalt zusammengezählt. Dies gilt auch für Werkverträge mit Unternehmen, an denen Beteiligungen bestehen oder die eng zusammenarbeiten. Bei völlig fremden Auftraggebern besteht nach wie vor eine Geringfügigkeitsgrenze." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Wo bleibt in dieser Frage die ÖVP? Wo bleibt in dieser Frage der Wirtschaftsbund? – Ich frage mich: Ist die soziale Verschlechterung, die in dieser Novelle beinhaltet ist, der Erfolg der ÖVP, des Wirtschaftsbundes?

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Ich frage mich gemeinsam mit vielen Tausenden Österreicherinnen und Österreichern: Ist es ein Erfolg der ÖVP, daß sich der Verwaltungsaufwand aufgrund dieser Novelle erhöhen wird? Die Beteiligten – Vertraggeber, Vertragnehmer, die Sozialversicherung, die Finanz – sind mit erheblichem Verwaltungsaufwand konfrontiert.

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Ist es ein Erfolg von Ihnen, wenn sich aufgrund der verschiedenen Vertragstypen Abgrenzungsschwierigkeiten ergeben werden? Ist es ein Erfolg, wenn der Direktvertrieb aufgrund dieser Gesetzesvorlage ins Ausland abwandern wird? Ist es ein Erfolg Ihrer Partei, wenn sich Arbeit- und Vertragsgeber dem Finanzminister in der Form hingeben, daß sie kostenlosen Kredit in Form der Abzugssteuer gewähren?

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Feiern Sie es als Erfolg, wenn Ausnahmen im Bereich der Erwachsenenbildung geschaffen werden? – Hier verstehe ich Sie vielleicht. Sie stimmen wahrscheinlich dieser Gesetzesvorlage zu, weil es eben diese Ausnahme im Bereich der Erwachsenenbildung gibt. Ihr geschützter Bereich, das Wirtschaftsforschungsinstitut, ist in diesem Bereich ausgenommen. (Abg. Dr. Kaufmann: Nicht Wirtschaftsforschungsinstitut, Wirtschaftsförderungsinstitut!) Ja, Wifi, Entschuldigung, Kollegen. Da haben Sie natürlich wieder in koalitionärem Gleichklang mit den Sozialdemokraten an diesen Bereich gedacht. Wenn das das einzige Motiv dieser Novelle ist, so frage mich, wo die Vertreter der kleinen und mittleren Wirtschaft in der ÖVP bleiben!

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Ist es Ihr Erfolg, daß Sie mit dieser Gesetzesvorlage eine Zweiklassengesellschaft schaffen?

Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Ich würde dafür Verständnis haben, wenn die Wirtschaftsvertreter ihre Bedenken anmelden und dieser Novelle ihre Zustimmung verwehren würden. Ein Erfolg wäre es, wenn dem ersten Schritt ein zweiter gefolgt wäre,


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