Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 132

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da, daß sich Politiker daran festhalten können wie Betrunkene an einer Laternensäule. Das ist eine Feststellung (Bundesrat Eisl: Die jeder versteht, Herr Kollege!), die man nicht versteht.

Das gelingt am leichtesten, wenn oft bewußt nur Teile verwendet und hochgespielt werden. Mit der agrarischen Einkommensstatistik wird dieses Spiel immer dann betrieben, wenn mit Fingern auf die wohlhabenden Bauern gezeigt wird. Was dabei bleibt, sind eine markante Zahl und ein gewisser Neidkomplex, der beliebig angefacht werden kann. Die 22 Prozent Einkommenssteigerung in der österreichischen Landwirtschaft im Jahre 1995 kennt fast jeder. Es gab auch ein sogenanntes Sommertheater um diese 22 Prozent. Große Medien sind in unserer schnellebigen Zeit oft um Vorveröffentlichungen bemüht, Gesamtzusammenhänge müssen da zwangsläufig zurückstehen. So verursachte auch die offensichtlich gezielte Vorwegnahme der Agrareinkommensentwicklung des Jahres 1995 im vergangenen Sommer rundum Entrüstung – bei den Lohnempfängern, die das mit ihren Gehaltssteigerungen vergleichen, und bei den Bauern, die sich alles andere als reich fühlen.

Jetzt sind die authentischen Buchführungsergebnisse aus der österreichischen Landwirtschaft für 1995 erschienen, die 22 Prozent Einkommenssteigerung bleiben, aber sie werden relativiert. Nicht die Einkommen sind so stark gestiegen, sondern der Aufwand ist um 14 Prozent gesunken, weil man im Jahre 1995 doch etwas vorsichtig mit den Investitionen war. Auch die Propaganda der Opposition – ihr werdet schon sehen, die Gelder werden nicht ausbezahlt! – hat dazu beigetragen, daß die Bauern etwas vorsichtiger geworden sind.

Außerdem sind die Flächen je Betrieb durch die Abwanderung um 2,6 Prozent größer geworden, und die Beschäftigtenzahl war um 2 Prozent rückläufig. Es ist falsch, es so darzustellen, als wenn es nur ein Jahr nach dem EU-Beitritt eine 2- oder 3prozentige Abwanderung aus der Landwirtschaft gegeben hätte. In all den zurückliegenden Jahren war immer eine Abwanderung aus unserem Berufsstand zu verzeichnen.

Der Wert der Agrarproduktion ist um 16 Milliarden gesunken – eine Folge der niedrigeren Preise in der EU. Die Ausgleichszahlungen dagegen sind aber um 15 Milliarden Schilling gestiegen.

Die Ergebnisse kommen aus 2 428 land- und forstwirtschaftlichen Betrieben in Österreich. Ich glaube, Herr Kollege Prähauser, Sie haben gemeint, daß es heuer erstmals bessere, verläßlichere Daten gäbe als zuvor. Dem kann ich nicht beipflichten. Sie wissen, ich bin nicht mehr Besitzer – ich sage das dazu –, aber mein Betrieb ist seit 1978 ein freiwillig buchführender Betrieb für den Grünen Bericht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß es heute andere Voraussetzungen gibt als damals.

Die Spannweite der Standarddeckungsbeiträge – ich bitte Sie, das wirklich im Grünen Bericht nachzulesen und sich zu Gemüte zu führen –, das ist jener Betrag, der für die Abdeckung der Fixkosten und des Lohnanspruches übrigbleibt, reicht von 90 000 S bis zu 1,5 Millionen Schilling, wodurch die großen Strukturunterschiede der österreichischen Landwirtschaft zum Ausdruck kommen. Und das ist eigentlich das Hauptproblem der Landwirtschaft insgesamt.

Wenn es machbar wäre, meine sehr geehrten Damen und Herren, nichts wäre einfacher als eine Bodenreform. Aber wir alle wissen, das ginge unter gar keinen Umständen, denn es würde nicht in die Ideologie unserer Demokratie passen.

Eine Vielzahl der Bauern, insbesondere die Rinderbetriebe, beurteilt die Einkommenssituation 1995 aus der gegenwärtigen Sicht und fühlt sich getäuscht bis verhöhnt. – Besonders die Rinderbetriebe, denn seit Bekanntwerden der BSE-Fälle in Westeuropa sind die Rinderpreise nach dem Verfall der Preise nach dem EU-Beitritt noch einmal um 15 Prozent gesunken.

Die Absatzmöglichkeiten auf den Rindermärkten sind schlecht bis katastrophal, es gibt Rinder verschiedener Kategorien, die beinahe unverkäuflich sind. Nicht umsonst hat man sich in Westeuropa über diese Herodes-Prämie Gedanken gemacht, und sie wird auch eingeführt. In Österreich gehen wir Gott sei Dank einen anderen Weg: eine Prämienleistung für die Schlachtung jüngerer Kälber. Damit kommen wir wieder zu einer besseren Kalbfleischqualität.


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