Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 146

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Entwicklung und Situation der österreichischen Landwirtschaft. Ein ganz wesentlicher Bestandteil ist die Auswertung der Buchführungsunterlagen von 2 428 bäuerlichen Betrieben und 11 Gartenbaubetrieben.

Ich sehe schon ein, daß es für die Oppositionspartei viel einfacher zu diskutieren wäre, wenn dieser Grüne Bericht 1995 ein negatives Einkommen ausweisen würde. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.) Ich stimme meinen Vorrednern zu, denn es ist unbestritten, daß nicht alles nach statistischen Werten gesehen werden kann. Dieser Bericht zeigt aber sehr deutlich, daß die betrieblichen Einkünfte stark zurückgefallen sind und nur durch massiven Einsatz öffentlicher Mittel im Durchschnitt eine positive Einkommensentwicklung der Testbetriebe möglich war.

Gerade diese öffentlichen Mittel führen aber manchmal auch bei unseren Bauern zu Unsicherheit, und sie führen auch zu Diskussionen am Stammtisch. Es ist aber ein klares Bekenntnis zu den Ausgleichszahlungen erforderlich, die für unsere Bauernfamilien kein Geschenk sind, sondern der Lohn für sehr wohl erbrachte Leistungen, die sie zu unser aller Nutzen erbringen. Sie sind es, die unsere Lebensgrundlagen und unseren Kulturraum gestalten und erhalten. Unsere Bäuerinnen und Bauern arbeiten hart und wollen hiefür ihren gerechten Lohn. Sie wollen den Anteil am Wohlstand dieses Landes.

Im Jahr 1955 hat die durchschnittliche österreichische Familie noch die Hälfte ihres Einkommens für Ernährung ausgegeben. 1995 waren es nur noch 16 Prozent. Auch dieser Umstand macht den Bauern gewaltige Schwierigkeiten. Nicht alle Betriebe können eine positive Bilanz ziehen. So konnten zum Beispiel leistungsstarke Milchviehbetriebe auf kleinen Flächen, welche den Preisverfall bei Milch, Kälbern und Schlachtvieh voll zu spüren bekamen, die Einkommensdifferenz über die Prämie für diese Betriebskategorie nicht ausgleichen. Das Einkommensplus war nur erreichbar, weil wir bereits im ersten Jahr die europäischen Förderungen im vollen Maße ausgeschöpft haben, und zwar dank unseres guten Interessenvertretungssystems, dank unserer Kammer, bis hin zu den Bezirksbauernkammern, die sehr nahe bei den Bauernfamilien sind und eine entsprechende Beratung und Information vornehmen können.

Es ist bedauerlich – da stimme ich dir, Herr Bundesrat Eisl, zu –, wenn Gelder zurückbezahlt werden müssen. Ich darf aber auch in Erinnerung rufen, daß Herr Abgeordneter Krüger von der Freiheitlichen Partei einen Antrag vorbereitet hatte, der bei falschen Angaben eine strafrechtliche Verfolgung der Bauern verlangt hatte. Ich gestehe auch ein, daß dieser Antrag wiederum zurückgezogen wurde, aber allein die Idee spricht für die Einstellung und spricht für das Denken. (Bundesrat Dr. Bösch: Wo hat er den gestellt, Frau Kollegin?) Im Nationalratsausschuß. (Bundesrat Dr. Bösch: In welchem Ausschuß?) Im Landwirtschaftsausschuß des Nationalrates. (Bundesrat Dr. Bösch: Und gleich wieder zurückgezogen?) Das können Sie sicher ausheben, oder es kann Ihnen besorgt werden.

Der Dank gebührt auch den Konsumenten, die uns die Treue gehalten haben. Dieses Vertrauen brauchen wir auch in Zukunft. Das Hauptaugenmerk muß daher auf eine funktionierende Ursprungs- und Herkunftsbezeichnung gelegt werden. Gerade unsere Bäuerinnenorganisation setzt sich hier massiv ein und arbeitet in allen Bundesländern intensiv mit Erzeuger- und Verarbeitungsbetrieben sowie mit den Konsumenten zusammen.

Von den 2 428 Testbetrieben entfallen 1 074 auf Bergbauernbetriebe der Zone 1 bis 4. In Österreich gab es mit dem Stand 1995 knapp unter 100 000 Bergbauernbetriebe. Durch den Beitritt zur Europäischen Union wurden 1995 benachteiligte landwirtschaftliche Gebiete ausgewiesen. Anspruchsberechtigt für die Ausgleichszulage und die nationale Beihilfe waren rund 126 000 Betriebe. Von den 2 428 Buchführungsbetrieben lagen 1 167 im Berggebiet, 175 im kleinen Gebiet und 167 Betriebe im sonstigen benachteiligten Gebiet.

Die Haupterzeugnisse der Bergbauern sind Milch, Vieh und forstwirtschaftliche Produkte. Obwohl die Einkommensentwicklung günstiger war als bei den Nicht-Bergbauern, erhöhte sich der Einkommensabstand der bergbäuerlichen Betriebe zum Bundesmittel von 25 494 S im Jahre 1994 auf 27 981 S im Jahre 1995. Durch die Zuerwerbstätigkeit konnten das Erwerbseinkommen und das Gesamteinkommen pro Arbeitskraft im Betrieb wieder verbessert werden.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite