Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 172

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Zu Wort gemeldet hat sich Frau Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach. Ich bitte sie, zu sprechen.

21.49

Bundesrätin Anna Elisabeth Haselbach (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Verehrte Damen und Herren! Der uns vorliegende Beschluß des Nationalrates ändert Bestimmungen des UOG, die aufgrund eines Verfassungsgerichtshoferkenntnisses einer Neuregelung bedurften. Weiters wird durch die Novelle eine neue Dimension der angestrebten Internationalisierung im Bereich universitärer Tätigkeiten eröffnet.

Lassen Sie mich damit beginnen, daß ich den Bereich, der die Internationalisierung fördert, ausdrücklich begrüße. Diese Bestimmung ist zeitgemäß und entspricht unserer Stellung in Europa, ermöglicht diese Bestimmung doch, die Leistungen unserer Forschung und Lehre an nichtösterreichischen Standorten anzubieten.

Ich hoffe, daß unsere hohen Schulen diese neue Möglichkeit bald in vielfältigster Weise nützen werden. Vor allem sehe ich für die Universitäten und Hochschulen, die fachliche, über das klassische Angebot hinausgehende Schwerpunkte setzen, große Chancen. Soweit, meine Damen und Herren, zu dem Bereich, dem man uneingeschränkt zustimmen kann.

Differenzierter sehe ich aber den Bereich der Zusammensetzung der Habilitationskommissionen. Es geht in diesem Zusammenhang um eine vom Verfassungsgerichtshof erzwungene Änderung des UOG 1975. – Ich möchte Ihnen in Erinnerung rufen: Beweggrund für die damalige Erlassung dieses Gesetzes war das Bestreben, alle Bereiche des Lebens mit mehr Demokratie zu durchfluten. Rückblickend betrachtet war das in kaum einem Bereich leicht, geschweige denn ruck, zuck durchzuführen. Aber – ich setze das jetzt unter Anführungszeichen – im "geschützten Bereich" der Universitäten und Hochschulen war es extrem schwierig. Was da an Argumenten strapaziert wurde, um Mitbestimmung zu verhindern, war haarsträubend.

Manche von Ihnen werden sich noch an das wahrlich dümmste Argument erinnern, nämlich an die Aussage, daß man doch nicht zulassen darf, daß – ich sage es jetzt sehr deutlich, vielleicht zu deutlich – putzfetzenschwingendes Reinigungspersonal die Zukunft der akademischen Forschung und Lehre bestimmen kann. Diese Angst befiel damals sogar – nicht viele, aber immerhin einige – Hermelinträger.

Ich habe eigentlich geglaubt, daß in den 20 Jahren, die seither ins Land gegangen sind, diese Ängste überwunden werden konnten. Oberstes Gebot war Mitte der siebziger Jahre – und muß es auch heute noch sein –, größtmögliche Meinungsvielfalt und so viele Betrachtungsweisen wie möglich in demokratischer Weise zusammenzuführen und auf einen Nenner zu bringen, um auch Neuem Chancen einzuräumen.

Meine Damen und Herren! Es steht mir nicht zu, zu beurteilen, ob es Reste dieser bereits überwunden geglaubten Ängste waren oder echte, die Sachlichkeit beeinträchtigende Mängel, die zum Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes geführt haben. Daher betone ich: Meine Fraktion akzeptiert die Lösung, die durch den Beschluß des Nationalrates gefunden wurde. Denn das Bemühen, Entscheidungsfindungsverfahren gerecht zu gestalten, ist sehr deutlich zu erkennen.

Meine Damen und Herren! Das Streben nach Gerechtigkeit muß in allen Bereich vorhanden sein, um eine demokratische, offene, den Herausforderungen der Zeit gewachsene Gesellschaft zu ermöglichen. Mitbestimmung ist ein taugliches Instrument dafür.

Verantwortungsbewußtsein, eine Eigenschaft, die alle haben sollen, die Entscheidungen treffen müssen, ist eine weitere wichtige Komponente in Entscheidungsprozessen. Meine Damen und Herren! Ich zweifle keinen Moment daran, daß gerade im Bereich unserer hohen Schulen alle Mitglieder von Kommissionen, die nach den Grundsätzen der Mitbestimmung zusammengesetzt sind, sowohl über Sinn für Gerechtigkeit als auch über ein hohes Verantwortungsgefühl verfügen. Bei allem Streben nach Gerechtigkeit und Sachlichkeit dürfen wir aber nicht übersehen, daß Entscheidungen von Menschen getroffen werden, die zur Problembetrachtung die unterschiedlichsten Zugänge haben. Daher stellen sich ja viele Entscheidungen letztlich als


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