Bundesrat Stenographisches Protokoll 618. Sitzung / Seite 175

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Einzelpersönlichkeit ab, davon, daß er sich auf das wissenschaftliche Arbeiten konzentriert und dazu vom Staat die nötigen Voraussetzungen erlangt. Da sind die politischen Umstände zwar relevant, aber nicht ausschlaggebend. Da gehört auch dazu, daß man dem Betreffenden entsprechende Ruhe gibt, damit dieser auch wissenschaftlich arbeiten kann.

Ich bin 30 Jahre Ordinarius und bin vorher die ganze Laufbahn durchgegangen. Wenn ich mir die Hochschuldiskussion, an der ich mich nur partiell beteiligt habe, anschaue, dann erinnere ich mich immer an den Dialog zwischen Josef Weinheber und Herrn Goebbels, der einmal gönnerhaft gefragt hat: "Herr Weinheber, was kann man für die Dichter und Schriftsteller tun?" – Dieser hat darauf gesagt: "Am besten ist, in Ruhe lassen." – Ich muß Ihnen sagen, wer die Entwicklung der letzten Jahrzehnte bei uns hernimmt, der tappt von einer Reformwelle in die andere Reformwelle – unentwegt. Es werden immer die Katastrophen vorausgesagt.

Ich möchte sagen, daß es sicherlich Umstände gibt, die dramatisch sind. Ich erlebe dies zum Beispiel jetzt selbst. Herr Bundesminister! Ich habe zum Beispiel – mich würde das interessieren, weil das Ihr Ressort betrifft – immer drei Assistenten gehabt, weil ich viele Fächer habe. Einen Assistentenposten, der mir seit 30 Jahren zugestanden ist, hat man jetzt versucht, einzusparen, mir wegzunehmen, dann hat man mir gütigerweise den Posten gegeben; er ist mit einer Dame besetzt worden, und nach einigen Wochen hat man ihr gesagt: Sie wissen, wahrscheinlich werden Sie auf Dauer nicht bei uns sein können, weil das Geld eben nicht da ist. Das heißt, Sie werden sechs Monate dasein können. Sie können es sich aussuchen: Wollen Sie die erste Hälfte des kommenden Jahres oder die zweite Hälfte des kommenden Jahres da sein?

Wir befinden uns gegenwärtig, Hohes Haus, in einer Hochschulreform, die gesetzlich vorgeschrieben wurde, aber gleichzeitig von einem Sparpaket begleitet ist. Nun sitzt auch mit Recht der Herr Finanzminister neben dem Herrn Wissenschaftsminister. Wir können aber nicht mehr Geld ausgeben, als wir haben. Da muß eben entsprechend aufgeteilt werden. Dieses Desaster ist jetzt tatsächlich gegeben, daß wir uns das, was wir uns bei der Hochschulreform vornehmen, organisatorisch und finanziell einfach nicht leisten können. Da ist gleichzeitig die Verantwortung vom Ministerium – das war noch Ihr Vorgänger, Herr Dr. Busek – an die einzelnen Hochschulen und Fakultäten übertragen worden. Hier erweisen sich die verschiedenen Formen der netten Kollegialität, denn da bedarf es dann der besonderen Interessenvertretung, damit ein Interessenausgleich gefunden wird. Das ist eine lebendige Form des Subsidiaritätsprinzips, das dabei eigene Ergebnisse hervorbringt. Da kommt es eben darauf an, daß die akademischen Funktionäre den richtigen Interessenausgleich finden. Soviel ich gehört habe, sind der Rektor der Linzer Universität und die dortigen Dekane eine Versicherung eingegangen, weil sie für bestimmte Dinge, wie sie meinen, entsprechend haften.

Ich möchte nur diese Aspekte auch nennen, und ich möchte sagen, es wird sicherlich nicht eine leichte Sache sein, für den akademischen Nachwuchs der Zukunft – ich selbst bin mit 62 Jahren diesbezüglich ein Auslaufmodell – bei der Sitzungsdemokratie auf akademischem Boden die nötige Zeit für echte wissenschaftliche Forschung und auch für literarischen Fortschritt zu erreichen. Ich habe mir das immer erübrigen können – trotz der politischen Tätigkeit –, aber ich bin niemals in die ganzen akademischen Gremien hineingegangen, wo man stundenlang von Sitzung zu Sitzung eilt. Es ist auch interessant, wenn man dann die Sitzungsdemokraten mit ihrer literarischen Bedeutung im In- und Ausland und ihrer Präsenz bei derartigen Gremien vergleicht, die aber abverlangt wird.

Es ist dankenswert, daß wir bei dieser Gelegenheit auch über die Zusammenarbeit der Universitäten sprechen, daß die Voraussetzungen dafür geliefert wurden. Ich möchte Ihnen sagen, daß die bedeutenden Professoren und Forscher, schon bevor solche Beschlüsse gefaßt werden, in internationalen Kontakten gestanden sind. Es ist aber sehr erfreulich, daß durch die Europäische Integration – ich nenne das Erasmus-Programm und könnte noch viele hinzufügen, in hervorragender organisatorischer Form – auch für die Studentenschaft, auch für den akademischen Nachwuchs auf verschiedenen Ebenen diese Kooperation gefunden wurde.

Ich selbst werde morgen den Vizepräsidenten für die internationalen Kontakte der katholischen Universität von Santiago de Chile zu erwarten haben, der sich bei mir angesagt hat. Ich könnte


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