Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 38

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Bundesrat Dr. Milan Linzer (ÖVP, Burgenland): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hoher Bundesrat! Die Damen und Herren Vorredner, insbesondere der Herr Bundesminister, haben schon einen umfangreichen Kommentar zu den vorliegenden Gesetzesbeschlüssen abgegeben. Ich möchte mich bemühen, keine Wiederholungen vorzunehmen. Bitte haben Sie daher Verständnis, wenn ich nur einige ergänzende Gedanken vortrage.

Meine Damen und Herren! Im zu Ende gehenden zwanzigsten Jahrhundert mit seinen gesellschaftlichen und großräumig ökonomischen Veränderungen, der Internationalität der wirtschaftlichen Vorgänge, vor allem dem Abbau der Nachbargrenzen, werden zweifellos große Anforderungen an unsere Justiz und die Rechtsprechung gestellt. Die von uns allen gefürchtete und bekämpfte staatenübergreifende organisierte Kriminalität stellt völlig neue Aufgaben für das österreichische Strafrecht. Dazu kommen, quasi hausgemacht, ein nicht zu leugnender allgemeiner Werteverfall in unserer Gesellschaft und eine vor allem in der Jugend herrschende Orientierungslosigkeit, das vielfache Suchen nach Lebenssinn und Lebenszweck, mitunter verschärft durch Mangel an Arbeit, und in der Folge das Abgleiten in Aggression, Flucht in Drogen und in Gewalt. – Daher sei es erlaubt, die Frage zu stellen, ob wir vor diesem schwierigen Hintergrund mit unserem Strafrecht mit seinem spezial- und generalpräventiven Charakter noch in der Lage sind, die notwendige Sicherheit und Ordnung mit zu gewährleisten.

Um es vorwegzunehmen: Ich glaube, daß diese Strafrechtsreform, deren Schwerpunkte der Herr Bundesminister jetzt vorgetragen hat, sehr wohl diese Herausforderung annimmt. Die vorliegenden Gesetzesbeschlüsse sind ordnungsgemäß lange diskutiert worden. Es gab Anhörungen von Rechtsgelehrten, Sachverständigen und Praktikern.

Ein Schwerpunktthema Nummer eins war natürlich die organisierte Kriminalität. Sie stellte schon 1993 einen strafbaren Tatbestand dar und wurde damals schon angeführt. Ich kann nach zweijähriger Tätigkeit im Europäischen Parlament sagen, daß uns die Diskussion über diese organisierte Kriminalität international und europaweit durch die gesamten zwei Jahre begleitet hat. Es ist noch zu einer Verschärfung gekommen, als daß es gelungen wäre, effiziente Methoden zu finden, sie zu bekämpfen und sie in den Griff zu bekommen.

Wir haben vorgestern auch in Anwesenheit des Herrn Bundesministers dieses Thema in Hinblick auf die Institution Europol ausreichend diskutiert. Europol ist zwar im operativen Teil nicht aktiv, stellt aber immerhin einen ganz wichtiger Meilenstein für neue Ermittlungsmethoden, Datenanalyse und länderübergreifende Zusammenarbeit dar. Nichtsdestoweniger bleibt die materielle und formelle Rechtsregelung betreffend die organisierte Kriminalität dem jeweiligen nationalen Strafrecht überlassen. – Der Herr Bundesminister hat es schon angeführt: Es handelt sich um einen teuflischen Kreis aus Deliktsbegehung, Bereicherung, Gewinn durch Deliktsbegehung, Investition in neue Delikte mit dem erworbenen Gewinn. Der maliziöse Kreislauf aus Menschenhandel, Drogenhandel, Autoschieberei, Raub, Geldwäsche bereitet uns international und europaweit sehr große Sorge.

Ich glaube, daß vor allem der Tatbestand: Abschöpfung der Bereicherung zweifellos einen wichtigen Schwerpunkt bildet, und es ist zu hoffen, daß es uns mit dieser Strafrechtsreform gelingt, bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität effizient vorzugehen und erfolgreich zu sein.

Einen weiteren Schwerpunkt stellt die Umsetzung der sogenannten Basler Konvention dar: Es werden Umweltstraftatbestände geschaffen, insbesondere das vorsätzlich umweltgefährdende Behandeln und Verbringen von Abfällen; ferner soll das widerrechtliche Betreiben von Anlagen in Österreich strafbar sein. Eine absolute Notwendigkeit wäre auch eine europaweite oder eine Vereinheitlichung des Umweltstrafrechtes.

Es macht wenig Sinn, wenn, wie in der Basler Konvention vorgesehen, verschiedene Umweltstraftatbestände statuiert werden sollen, manche Länder sie ins Strafrecht nehmen, in manchen Ländern diese ungeregelt bleiben. Dadurch kommt es natürlich zu grenzüberschreitenden kriminellen Aktivitäten, die ungesühnt bleiben, und auch zu Ungleichbehandlungen, die dann einer Sanktion bedürfen.


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