Bundesrat Stenographisches Protokoll 619. Sitzung / Seite 115

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Integration in den Hauptschulen und der Unterstufe der allgemeinbildenden höheren Schule zu ermöglichen.

Im Regierungsübereinkommen wurde festgehalten, daß die Weiterführung der Integration behinderter Schüler und Schülerinnen im Sekundarbereich I – das ist die fünfte bis neunte Schulstufe – sicherzustellen ist.

Gestatten Sie mir wie auch, Frau Kollegin Moser, zuerst einige Anmerkungen zum Begriff "Integration".

In der Schulgeschichte der letzten Jahrzehnte taucht der Begriff "Integration" immer wieder in unterschiedlichen Zusammenhängen auf. War es in den siebziger Jahren die integrierte Gesamtschule, in den achtziger Jahren der Ruf nach Integration von Randgruppen und Behinderten, so ist nun die Europäische Integration und das Schulwesen hochaktuell. Vielfach ist – möglicherweise durch eine psychologische Tendenz zur Ganzheitlichkeit – in der allgemeinen Meinung eine naiv-positive Bewertung des Begriffes "Integration" zu beobachten, weil offensichtlich das Zusammenführen, das Bilden einer Einheit, das Eingliedern als wertvoller angesehen wird als die Separierung und Differenzierung.

Für die derzeitige Phase der Schulentwicklung betreffend den Unterricht geistig behinderter Kinder kamen die Hauptmotive nicht aus pädagogischen Innovationsbedürfnissen, sondern ebenfalls aus der Zielsetzung einer sozialen Integration der geistig behinderten Kinder und ihrer Eltern, die sich vielfach gesellschaftlich an den Rand gedrängt und stigmatisiert fühlen. Bei einer Betrachtung der Zahlen der Schüler in den einzelnen Sonderschulen und des Zeitpunktes der Aufnahme in die Sonderschule – 85 Prozent aller lernbehinderten Kinder beginnen ihre Schullaufbahn in der Volksschule – wird schnell klar, daß es für die überwiegende Anzahl der Schüler weniger um Integration als um Nichtaussonderung geht, weil sie sich ohnedies in der Regelschule oder in der Volksschule befinden.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Zur Zielsetzung des vorliegenden Entwurfes: Ein Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf muß jene Bildung erhalten, durch die am ehesten ermöglicht wird, daß es ein selbstbestimmtes eigenständiges Leben führen kann. Ich habe dieses Zitat von Frau Unterrichtsministerin Gehrer, die es immer wieder und in vielen Gremien gesagt hat, hier wortwörtlich noch einmal aufgeschrieben, weil mir das als das Wichtigste vorkommt.

Der Gesetzentwurf gilt nicht für körperbehinderte und sinnesbehinderte Kinder – Herr Kollege Platzer hat es auch schon angeführt –, diese werden bereits seit Jahren von der Lehrerschaft mit großem Engagement in allen Schulen integriert.

Also nochmals die Zielsetzung: Für geistig behinderte Kinder wird es in Zukunft folgende Bildungsangebote geben: die Sonderschule, die Sonderpädagogischen Zentren, die Förderklassen, das Stützlehrersystem, Kooperationsmodelle und Integrationsmodelle, also sechs Modelle.

Es ist klar festzuhalten, daß es mit dieser Novelle nun eine breite Palette von möglichen Bildungsangeboten gibt, und die für das Kind am besten geeignete Bildung ist sicherzustellen. Das ist natürlich eine große Herausforderung an alle am Schulgeschehen Beteiligten, besonders aber für die Kolleginnen und Kollegen vor Ort.

Zur Entscheidungsfindung: Welches Angebot für welches Kind? – In Zusammenarbeit mit dem schulpsychologischen Dienst, den Sonderpädagogen, den Sonderpädagogischen Zentren, dem zuständigen Bezirksschulinspektor, den Eltern und der betroffenen Schule muß unter Federführung des Bezirksschulrates der Bildungsweg für das geistig behinderte Kind festgelegt werden. Dazu werden entsprechende Richtlinien erarbeitet. Es ist darüber hinaus die Aufgabe des zuständigen Schulaufsichtsorganes, den Erfolg des gewählten Bildungsweges laufend zu überprüfen.


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