Man muß davon ausgehen, daß die Sicherheitsfunktion in Zukunft im wesentlichen nur noch aufgrund einer Stabilisierung Ostmitteleuropas entstehen kann. Der einzig gangbare Weg, der realistisch ist, ist die Integration, sodaß ein Beitrag zur Integration zweifellos ein Mehr an Sicherheit für Österreich bringen kann.
Präsident Josef Pfeifer: Wird eine zweite Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.
Bundesrat Albrecht Kone
#ny: Herr Bundesminister! Verstehe ich Sie auch in diesem Fall richtig, nämlich daß Sie einem gesamteuropäischen Sicherheitssystem, in dem sehr wohl neutrale Staaten nach Einschätzung anderer einen positiven Beitrag leisten könnten, eindeutig den Nachrang geben gegenüber einer Sicherheitsarchitektur für Ostmitteleuropa, die im Rahmen eines klassischen Militärbündnisses stattfindet?Präsident Josef Pfeifer: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für Landesverteidigung Dr. Werner Fasslabend: Man muß davon ausgehen, daß unsere wichtigste sicherheitspolitische Aufgabe die Konfliktprävention ist, also das Herbeischaffen einer Situation, daß Konflikte und Kriege gar nicht mehr entstehen.
Wenn wir uns die Frage stellen, wie wir das erreichen können, muß man sagen, daß Stabilität in Osteuropa, in Ostmitteleuropa die wesentliche Voraussetzung dafür ist. Und wenn wir uns dann weiters die Frage stellen, wie man diese Stabilität herbeiführen kann, kommt man drauf, daß es theoretisch drei Möglichkeiten gibt:
Erstens: durch die Dominanz eines Staates. Wir sind zum ersten Mal in der Geschichte des Kontinents so weit, daß die Dominanz eines einzelnen Staates oder mehrerer einzelner Staaten ausgeschlossen werden kann.
Zweitens: durch ein Gleichgewicht von Kräften. Dieses ist allerdings aufgrund der höchst unterschiedlichen Kräftepotentiale de facto unmöglich, sodaß allein die dritte Möglichkeit realistisch ist.
Die dritte Möglichkeit ist: durch Integration. Wir sind auf dem besten Wege, diese durchzuführen; einerseits, weil sich auf der politischen Seite mit der Etablierung der Europäischen Union die Möglichkeit ergibt, einen politischen Zusammenhalt durchzuführen, ihn auch auf die Länder Ostmitteleuropas und Osteuropas in einer schrittweisen Abfolge auszudehnen, und andererseits, weil darüber hinaus auf sicherheitspolitischem Gebiet nicht nur die Tendenz, sondern auch die Chance vorhanden ist, Europa sicherheitspolitisch zu integrieren.
Hier ist an erster Stelle unter rein europäischen Gesichtspunkten die WEU, die Westeuropäische Union, zu nennen, an zweiter Stelle zweifelsohne die NATO, die wesentliche Schritte gesetzt hat, um von der alten Konstellation wegzukommen, und die alles unternimmt, um die Länder Ostmitteleuropas zu integrieren und ganz Europa schrittweise in einen Sicherheitsverbund zu bringen.
Die Tatsache, daß wir ab dem nächsten Jahr erwarten können, daß drei unserer Nachbarländer – Tschechien, Ungarn und Slowenien – zusätzlich zu Polen als neue Vollmitglieder im Bereich der NATO aufgenommen werden, bedeutet sicher eine ganz wesentliche Änderung der bisherigen Position. Gleichzeitig soll auch ein Partnerschaftsvertrag mit Rußland geschlossen werden, sodaß man davon ausgehen kann, daß alle Integrationstendenzen wesentlich dazu beitragen werden, daß Europa stabil ist, daß präventive Konfliktvermeidung, Krisenvermeidung stattfinden können.
Wenn Österreich mit einer aktiven Teilnahme dazu einen Beitrag leisten könnte – und das steht für mich außer Zweifel –, dann wäre das nicht nur von österreichischem, sondern von gesamteuropäischem Interesse.
Ein Draußenstehen von Ländern, eine Nichtteilnahme am Integrations- und Entscheidungsprozeß würde sicher eher hinderlich wirken als ein Drinnensein.
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