Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 92

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

im Handel beschäftigt, und letztlich haben die Familien die Lasten zu tragen, wenn die Mutter für ein – ich muß das sagen – relativ geringes Entgelt den ganzen Tag beschäftigt ist und für die Familie, für den wichtigsten Kern in unserem Staat eigentlich wenig Zeit erübrigen kann.

Das ist für mich der Grund, warum ich persönlich zustimmen werde. Ich glaube allerdings, so wie ich es vorher ausgeführt habe, Herr Minister – ich habe die Materie nicht verwechselt, bitte! –, daß es die Aufgabe einer ordentlichen Arbeitsverfassung ist – und ich wiederhole das nochmals –, gesamtösterreichisch für alle Arbeitnehmer die Arbeitszeit zu regeln, und die anderen Bereiche, die Unternehmungen et cetera, haben sich nach dieser Regelung zu richten.

Das ist überhaupt kein Widerspruch. Ich persönlich trete für eine völlige Liberalisierung der Öffnungszeiten ein, und es ist in anderen Ländern, die durchaus auch einen hohen sozialen Pegel haben, etwa in Schweden, durchaus üblich, daß dadurch nicht Arbeitnehmerinteressen verletzt werden, und in diese Richtung müßte eigentlich unsere Intention gehen. Es muß der eine vom anderen lernen, und es muß sich der eine nach dem anderen auch richten. Und ich glaube, es sollte endlich Zielpunkt auch in anderen Bereichen sein, daß wir zu einer einheitlichen Arbeitsverfassung und Arbeitszeitverfassung finden, die wir ja auch im EU-Raum anstreben.

Ich sehe schon die einzelnen Argumente, die Anforderungsprofile bei bestimmten Arbeiten sind verschieden, aber es wird nicht angehen, daß wir überall verschiedene Zeiten haben. Das wird auf Dauer nicht machbar sein. Der Beamte muß sich auch nach dem privaten Bereich richten, und der Private muß sich andererseits auch nach dem beamteten Bereich orientieren können. So sehe ich das grundsätzlich im Bereich der Arbeitszeitverfassung. Dieser Gesetzesmaterie werde ich persönlich die Zustimmung geben, weil es hier um das schutzwürdige Interesse des Schwächeren geht. (Beifall bei den Freiheitlichen, bei Bundesräten der ÖVP und bei der Bundesrätin Kainz. )

15.03

Präsident Josef Pfeifer: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Ilse Giesinger. – Bitte.

15.03

Bundesrätin Ilse Giesinger (ÖVP, Vorarlberg): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Bevor ich beginne, möchte ich etwas zu meinem Vorredner, Herrn Bundesrat Freiberger, sagen. Er hat gemeint, dieses Gesetz sei zum Schutz der Arbeitnehmer notwendig, weil das ein Kampf des Kleinen gegen den Riesen ist. Dazu möchte ich sagen: Es gibt viele Betriebe in Österreich, in denen Arbeitgeber und Arbeitnehmer partnerschaftlich miteinander umgehen, und es ist ein gegenseitiges, ich wiederhole, ein gegenseitiges Geben und Nehmen.

Ich werde heute nicht für dieses Gesetz stimmen. Einerseits lockern wir die Ladenöffnungszeiten, was meiner Meinung nach auch notwendig ist, andererseits engen wir die Bedingungen dazu derart ein, daß vor allem kleine Händler mit wenigen Mitarbeitern keine oder kaum eine Chance haben, länger offenzuhalten. Immerhin sind im Handel in Österreich bei 76 Prozent bis zu vier Mitarbeiter beschäftigt – in Vorarlberg 75 Prozent – und bei 13 Prozent fünf bis neun Mitarbeiter – in Vorarlberg 14 Prozent. Also 89 Prozent der Betriebe im Handel haben nach der Arbeitsstättenzählung 1991 bis zu neun Mitarbeiter.

In der Praxis sieht das so aus: Wenn an einem Samstag länger als bis 13 Uhr geöffnet wird, muß der nächste Samstag dem Mitarbeiter zur Gänze freigegeben werden. Ich frage mich: Welche Mitarbeiter sind dann am nächsten Samstagvormittag da, oder soll das Geschäft am nächsten Samstag überhaupt nicht offenhaben? Das widerspricht meiner Meinung nach jeder Arbeitsplatzsicherung und ist kontraproduktiv.

Ich frage mich auch, warum wir in der heutigen Zeit wider besseres Wissen im Rahmen von Gesetzen derart einengen, anstatt der Eigeninitiative und der Verantwortung des einzelnen mehr Spielraum zu geben. Mehr privat und weniger Staat würde wohl auch hier gelten. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei den Freiheitlichen.)

15.06


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite