Bundesrat Stenographisches Protokoll 620. Sitzung / Seite 187

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächste zu Wort gemeldet: Frau Bundesrätin Lukasser. – Bitte.

22.08

Bundesrätin Therese Lukasser (ÖVP, Tirol): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am 25. April dieses Jahres wurde in der Debatte über das Strukturanpassungsgesetz hier im Bundesrat unter anderem darauf hingewiesen, daß die sogenannten Sparbudgets für 1996 und 1997 auch eine Chance für eine solidarische Entwicklung und einen Abbau der Wohlstandsegoismen sein könnten.

Diese einschneidenden Maßnahmen sollten auch dazu führen, daß für die Zukunft neue Strukturen und Rahmenbedingungen entwickelt werden können.

Verschiedene Kolleginnen und Kollegen haben sich bei dieser Debatte sehr ausführlich dafür ausgesprochen, daß der Familienbereich einen neuen Stellenwert erhält, denn gerade in diesem Bereich müssen die Ausgewogenheit und die soziale Treffsicherheit dieser Sparbudgets bezweifelt werden.

Es stand und steht heute noch für mich außer Frage, daß die Kinder und damit die Familie von den Sparmaßnahmen nebst den anderen allgemeinen Maßnahmen in einzigartiger Weise betroffen sind. Die Übernahme von Verantwortung für Kinder darf einerseits nicht zu Armut führen, muß aber andererseits in der Bewußtseinsbildung der Verantwortung gegenüber Kindern verstärkt werden.

Ich persönlich bin sehr froh darüber, daß es neuerdings möglich ist, einen finanziellen Anreiz für eine weitere breite Inanspruchnahme der vorgeschriebenen Untersuchungen im Rahmen des Mutter-Kind-Programmes zu schaffen. Auch wenn der jetzige Beitrag von 2 000 S im Gegensatz zum früheren Betrag von 15 000 S eher gering ist, hoffe ich doch, daß dieses Bonussystem das Bewußtsein von Erziehungsberechtigten für eine entsprechende Untersuchungsdisziplin betrefend Kleinkinder schärft.

Ich möchte jetzt nicht näher auf das Finanzierungssystem eingehen, sondern nur darauf hinweisen, daß der Herr Bundesminister auf diesem Gebiet einen Weg beschritten hat, mit dem er uns zeigt, daß durch gezielte Verhandlungen und Ideen neue Strukturen zu finanzieren sind, ohne daß das Budget sofort in Unordnung gerät.

Das sage ich auch in Hinblick auf die soziale Staffelung: Mit der Einkommensobergrenze wird ein neuer Weg beschritten, der bestimmt nicht von allen und auch in unseren eigenen Reihen nicht goutiert wird. Man muß aber solche Entscheidungen, wie diejenigen, die heute getroffen werden, unbedingt weiter überlegen, um auch in Zukunft eine bessere soziale Treffsicherheit zu erreichen. (Präsident Pfeifer übernimmt den Vorsitz.)

Die Initiative des Herrn Familienministers hat natürlich zu den unterschiedlichsten Reaktionen bei den Parteien, in Ministerien, aber auch in den Familienorganisationen geführt. Ich möchte diese Überlegungen zum Anlaß nehmen, um nochmals darauf hinzuweisen, daß wir vor allem das kommende Jahr nützen sollten, um für die Budgets 1998 und 1999 gerüstet zu sein. Wir müssen über ein Maßnahmenbündel nachdenken, welches neue Kriterien und Rahmenbedingungen für Familien zuläßt und schafft, mit denen verhindert werden soll, daß Familien mit Kindern immer öfter eine Gratwanderung in Hinblick auf die Armutsgrenze beschreiten müssen. Dieses Maßnahmenbündel sollte folgendes beinhalten: ein steuerfreies Existenzminimum für jedes Kind, den Betreuungsscheck für Mütter oder Väter etwa bis zum 4. Lebensjahr des Kindes, die Staffelung der Familienbeihilfe nach Kinderzahl, die Erhöhung des Alleinverdienerabsetzbetrages, die sozial- und pensionsrechtliche Anerkennung für Betreuungs- und Erziehungsleistung und anderes mehr.

Gerade die Einführung des Betreuungsschecks könnte eine epochale Entscheidung sein, denn dadurch wäre die Möglichkeit gegeben, aus dem Familienlastenausgleich einen Familienleistungsausgleich zu schaffen. In diesem Sinne hoffe ich, daß die heutige Bonusentscheidung ein


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