Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 30

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kutiert ist, wie das des Föderalismus in Österreich und seine Reformmöglichkeiten. All meinen Kollegen in Praxis und Theorie gilt dafür auch unser Respekt. Trotzdem wird seit Jahrzehnten mit geradezu derselben Regie, aber mit wechselnden Personen erfolgreich versucht, diese notwendige Reform zu verhindern, und wenn das nicht geht, dann sie wenigstens zu verzögern, und wenn dies auch nicht mehr möglich ist, weil die Leute schon auf die Straße gehen, wie einst in Vorarlberg, wenigstens eine nur teilweise Erfüllung föderaler Reformwünsche und das nur gnadenweise zu gewähren.

Nach meiner 28jährigen Mitgliedschaft im Bundesrat und meiner 22jährigen Zugehörigkeit zum Bundesratspräsidium mit wechselnden Mehrheiten im Parlament, nämlich im Nationalrat und Bundesrat, sowie unterschiedlichen Regierungen, die ich erlebt habe, kann ich aus meiner eigenen persönlichen Erfahrung von nahezu drei Jahrzehnten, aufgeteilt in vier Jahrzehnte, nämlich seit 1969, Ihnen sagen, daß diese wertvollen föderalistischen Reformbemühungen auch jeweils – übrigens über alle Fraktionsgrenzen hinweg – mit Geduldsproben und Demutsgesten verschiedenster Art verbunden waren. Da gibt es eine ganze Abstufung dazu, manche entwickeln da eine eigene Unkultur.

Diese Föderalismusaktivitäten verlangen viel Optimismus und viel Zuversicht. Hoher Bundesrat! Lassen Sie sich das niemals nehmen, auch nicht in einer Zukunft, die ich nicht mehr mit Ihnen teilen werde.

Diesen Optimismus und diese Zuversicht habe ich mir selbst nie nehmen lassen, und viele von uns, die heute hier auf der Zuhörerbank sind oder die uns schon vorangegangen sind, haben sie sich auch nicht nehmen lassen. Sonst wäre ich nicht 1969 in den Bundesrat gegangen, darum habe ich nie für eine andere allgemeine Vertretung kandidiert und diesen Weg in all den Jahren freiwillig sehr gerne fortgesetzt.

Hoher Bundesrat! Ich danke allen, die sich von diesem notwendigen Föderalismusengagement anstecken ließen. Es hat zu Föderalismusnovellen und 1988 mit zur neuen Geschäftsordnung des Bundesrates geführt. Ich danke im besonderen dem früheren Präsidenten des Bundesrates Dr. Martin Strimitzer und auch rückblickend nochmals dem früheren Herrn Vizepräsidenten des Bundesrates Walter Strutzenberger, die beide nicht mehr unserem Hause angehören, aber weiter mit ihm geistig verbunden sind – heute ist Herr Präsident Strimitzer anwesend –, für so manche gemeinsame Initiative für Bundesrat und Bundesstaat in Österreich sowie für einzelne derartige Initiativen in einzelnen Landtagen. Mit Dank und Respekt nenne ich die Landtage von Niederösterreich, von Tirol und von Salzburg und zum wiederholten Male von Vorarlberg.

Wenngleich auch in der Zukunft angesichts der derzeitigen politischen Lage in Österreich und wieder anderer Probleme der Politik unseres Landes, mit denen wir uns zu beschäftigen haben, keine föderalistische Totalreform zu erwarten ist – da gebe ich mich keinen Illusionen hin, Hohes Haus –, sollte aber der Weg mit beharrlichen und auch kleinen Schritten fortgesetzt werden, und ich lade Sie auch bei dieser Gelegenheit in unserem Rahmen hiezu aufrichtig ein.

Ein nicht unbedeutender Beitrag zu diesem Weg konnte noch im Dezember vergangenen Jahres geleistet werden. Auf meine Anregung hin haben wir in der Präsidialkonferenz einstimmig – dafür danke ich – die Einsetzung einer Arbeitsgruppe zur Behandlung aller vorliegenden Vorschläge zur Bundesratsreform beschlossen, was im letzten nicht denkbar ist, ohne im Rahmen des Möglichen letztlich an eine Reform der Bundesstaatlichkeit Österreichs wenigstens zu denken. In der heutigen Präsidialsitzung haben wir schon den ersten Termin für die Sitzung dieses besonderen Ausschusses festgelegt.

Wenn nämlich außerhalb des im B-VG Vorgesehenen vor allem, wie kürzlich durch den Vorschlag eines Konsultationsmechanismus, Vertreter des Bundes, der Länder und der Gemeinden zur Vorberatung und Vorbereitung von Gesetzesbeschlüssen des Nationalrates neue Gremien der Politik bilden, welche das Bundes-Verfassungsgesetz nicht einmal im Ansatz kennt, sollte sich der Bundesrat, aber noch viel mehr als der Bundesrat der seit vielen Jahren eine entsprechende Bundesstaats- und Bundesratsreform behindernde und verhindernde österreichische Nationalrat fragen, wo eines Tages der Weg Österreichs als demokratischer Verfassungsstaat


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