Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 38

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Meine Damen und Herren! Nichtsdestotrotz unterscheidet sich die Situation der weiblichen Bevölkerung eklatant von den durchschnittlichen Verhältnissen, die wir der Gesamtbevölkerung unterlegen. Deshalb habe ich – ich habe Sie jetzt einige Jahre damit verschont – versucht, diese Probleme aus dem Sozialbericht zusammenzufassen. Ich bitte Sie aber, zur Kenntnis zu nehmen, daß die eine oder andere Zahl, weil ich mich nicht nur auf den Sozialbericht beschränkt habe, aus anderen Materien stammt.

Ich möchte meinen Ausführungen voranstellen, daß ich in der Darstellung der Fakten mit Kollegin Moser vielleicht auf einer Linie liege, nicht jedoch mit Ihren Schlußfolgerungen. Das hat mich nämlich auch dazu gebracht, in diesem Katalog, dem ich in einer anderen Ausformung auch eine Liste von Forderungen angefügt habe, heute hier diese Forderungen wegzulassen, weil sie ganz einfach, wenn wir den Sozialbericht diskutieren, der vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter der politischen Verantwortung des Sozialministers erstellt wurde, an die falsche Adresse gehen würden.

Dieser Bericht hält Fakten fest, und die Begründung für diese Fakten liegt vielfach in anderen Bereichen.

Eine dieser Fakten – das möchte ich den nun folgenden Ausführungen voranschicken – ist die Frage der Vollbeschäftigung. Vollbeschäftigung ist die Grundlage für all das, was wir dann als positiv oder negativ in einem Sozialbericht vorfinden werden.

Zunächst muß im Zusammenhang mit den Frauen erwähnt werden, daß eben aufgrund gravierend veränderter Beschäftigungsstrukturen, erhöhter Qualifikationserfordernisse und natürlich aufgrund eines zunehmenden Konkurrenzdrucks vor allem die Bedingungen für die Frauen sehr "eng" werden. Der allgemeine negative Beschäftigungstrend trifft Frauen in massiver Weise. Das drückt sich auch aus in der Zahl der unselbständig Beschäftigten, die in Österreich derzeit im Sinken begriffen ist.

Im Jahr 1995 – ich quäle Sie mit diesen Zahlen, weil ich glaube, daß sie auch für jene wichtig sind, die sie selbst im Bericht gelesen haben – betrug die Anzahl der unselbständig beschäftigten Frauen rund 1,4 Millionen. Im September 1996 waren es nur mehr rund 1,3 Millionen, ein bißchen darüber, und im Oktober waren es noch einige zigtausend weniger.

Gegenteilig entwickelte sich die Zahl der Arbeitslosen: Im Jahr 1995 betrug die Anzahl der arbeitslosen Frauen etwa 95 000, im Oktober 1996 – ich erspare mir diese Zwischenberichterstattung – waren es 109 000.

Auch die Zahl der gemeldeten offenen Stellen sinkt weiter. Im Oktober dieses Jahres gab es davon nur noch 16 800.

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern sind Frauen in Österreich grundsätzlich auch weniger ins Erwerbsleben eingebunden. Die Frauenerwerbsquote betrug 1995 im OECD-Durchschnitt 62 Prozent, in Österreich betrug sie 57 bis 58 Prozent.

Eine Schlußfolgerung daraus könnte sein, daß im Unterschied zu anderen europäischen Frauen sich die Österreicherinnen in stärkerem Ausmaß – zum Teil aus traditioneller Einstellung, zum Teil aber auch aus den bereits angeführten Drucksituationen, vor allem aus Gründen der Kinderbetreuung – längerfristig aus dem Erwerbsleben zurückziehen oder zurückziehen müssen.

Auch die allgemeinen Bedingungen in der Berufswelt – das wissen all jene, die tagtäglich mit diesen Fragen beschäftigt sind, sehr gut – sind in Österreich für Frauen noch immer deutlich schlechter als für ihre männlichen Kollegen, eben auch aufgrund der gesellschaftlichen Situation. Solange Frauen bereit sind, sich aus unterschiedlichsten Motivationen, vor allem aber aus einer traditionellen Einstellung heraus, die die Medien und unter Umständen die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit vorgeben, diesem moralischen Druck zu beugen, alleinverantwortlich für die Versorgung ihrer Familien zu sein, so lange werden sie am Arbeitsmarkt immer schlechtere Bedingungen akzeptieren, und die Neigung, sich dagegen aufzulehnen, wird geringer sein.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite