Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 39

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Damit wird aber auch ihre Vertretung – das wissen wir als Gewerkschaftsfunktionärinnen sehr gut – schwieriger.

Charakteristisch für Frauen am Arbeitsmarkt ist ein zunehmender Trend zur Teilzeitbeschäftigung. Trotz der damit üblicherweise zusammenhängenden geringeren Bezahlung erhöhte sich die Zahl der teilzeitbeschäftigten Frauen in den letzten zehn Jahren – andere Zahlen sind mir in diesem Bereich nicht zur Verfügung gestanden – von 154 000 im Jahr 1982 auf 227 000 im Jahr 1992. Das ist zugegebenermaßen nicht mehr aktuell, wir wissen jedoch, was sich in der Zwischenzeit auf dem Arbeitsmarkt alles abgespielt hat; ich darf hier beispielsweise nur an die Frage des Ladenschlusses erinnern. Dieser Trend setzt sich aber nicht nur fort, sondern er wird sogar noch gravierend verstärkt.

Die Teilzeitquote der verheirateten Frauen war mit 30 Prozent am höchsten – was an sich logisch ist, denn dort ist das eine Möglichkeit des Dazuverdienens. Bei jenen Frauen, die für sich selbst sorgen müssen, also bei ledigen Frauen, lag die Teilzeitquote nur mehr bei 5 Prozent, weil diese Frauen darauf angewiesen sind, ihre Existenz von ihrem Einkommen zu bestreiten.

Die Doppel- und Dreifachbelastung von verheirateten Frauen und die ungleiche Aufteilung von Hausarbeit, die uns heute noch beschäftigen wird, führen dazu, daß Frauen vermehrt Teilzeitarbeit annehmen. Bei Frauen mit zwei Kindern unter 15 Jahren beträgt die Teilzeitquote 34 Prozent. Bei jenen Frauen, die keine Kinder unter 15 Jahren haben, sind es nur 15 Prozent.

Fast 80 Prozent aller teilzeitbeschäftigten Frauen arbeiten im Dienstleistungssektor, also einem Bereich, der gute Nerven erfordert, arbeitsintensiv ist, in dem aber die Bezahlung – das ist uns auch nicht unbekannt – nur bedingt die Finanzierung einer eigenen Existenz zuläßt.

Zwei Drittel der Teilzeitbeschäftigten sind darüber hinaus als Hilfsarbeiterinnen und angelernte Arbeiterinnen sowie als Angestellte mit Hilfs- oder angelernten Tätigkeiten eingesetzt.

Die Problematik liegt, wie schon gesagt, einerseits in der schlechten Bezahlung und der ökonomischen Abhängigkeit, die traditionelle Verhaltensweisen bei den Frauen weiterhin verstärkt, und andererseits in den nicht vorhandenen Karrierechancen. Karriere ist ein Wort, das eine Frau beinahe nicht mehr in den Mund nehmen kann, weil es im derzeit so stark forcierten Weltbild nicht positiv besetzt ist.

Frauen, die Teilzeitarbeit leisten, sind einem erhöhten Leistungsdruck ausgesetzt und leiden auch unter dem Image der ewigen Dazuverdienerin und der mangelnden Akzeptanz ihrer eigenständigen Berufstätigkeit.

Teilzeitbeschäftigung wird allzu gerne als Lösung zum Abbau von Arbeitslosigkeit propagiert. Eine solche Aussage kann meines Erachtens nur mutwillig erfolgen. Wenn man die Situation seriös hinterfrägt, weiß man genau – die Zahlen beweisen es ja –, daß ein Großteil der Frauen auf die Deckung des Lebensunterhaltes angewiesen ist und Teilzeitarbeit bestenfalls ein kleines und meistens auch da nicht ausreichendes Zubrot sein kann.

Eine weitere Frage, die gerade im Bereich der Frauenberufstätigkeit eine große Rolle spielt und deren Auswirkungen drastisch zunehmen, ist die Frage der geringfügig Beschäftigten. Zu Ihrer Erinnerung: Geringfügig Beschäftigte verdienen monatlich höchstens 3 600 S, sie sind nicht kranken-, nicht pensions- und arbeitslosenversichert. Das bedeutet: kein Wochengeld, kein Karenzurlaubsgeld, kein Arbeitslosengeld, kein Erwerb von Pensionsversicherungszeiten und – falls keine Mitversicherung bei einem Partner besteht – weder eine medizinische noch finanzielle Unterstützung im Krankheitsfall. Das sei in diesem Zusammenhang als Faktum festgestellt.

Einige Zahlen dazu. – Der Trend ist hier auch steigend: Im März 1994 waren 70 000 Frauen geringfügig beschäftigt, während es bei den Männern nur 25 000 waren. Im Mai 1996 waren es bereits 105 000 Frauen, und im September des vergangenen Jahres waren es bereits 108 000 Frauen, die unter diesen Bedingungen arbeiten.


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