Bundesrat Stenographisches Protokoll 621. Sitzung / Seite 46

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sondern die Antwort haben Sie eigentlich von Ihren Parteifreundinnen oder Genossinnen bekommen. Die Antwort bekommen Sie auch von Ihrer eigenen Amtsvorgängerin und Ehrenvorsitzenden der SPÖ-Frauen, Johanna Dohnal. Sie gibt Ihnen diese Antwort, und zwar in Form eines Volksbegehrens gegen Sie und gegen Ihre Politik oder – eigentlich müßte man sagen – Ihre Nicht-Politik.

Ich weiß nicht, Frau Ministerin, was Sie bewogen hat, die Idee aufzugreifen, dieses Volksbegehren, das in erster Linie gegen Sie und Ihre Tätigkeit gerichtet ist, von dem Sie im voraus nicht informiert waren, von dessen Inhalt Sie nicht vorab in Kenntnis gesetzt wurden und zu dessen Erarbeitung oder Mitbearbeitung Sie nicht einmal eingeladen wurden, zu unterstützen. Das ist so, als ob Kreisky die Volksabstimmung gegen Zwentendorf durchgeführt hätte oder Sinowatz in Hainburg demonstriert hätte oder sich der frühere Verkehrsminister Klima mit den Transitgegnern auf die Straße gesetzt hätte, um gegen seinen eigenen Transitvertrag zu protestieren. Das ist ein gewisser Hang zum politischen Masochismus, der sich auch darin ausdrückt, daß Sie auf die Straße gehen und gegen ein Sparpaket demonstrieren, das Sie selbst mitbeschlossen haben.

Ich sage das deshalb so drastisch, weil diese Ihre Vorgangsweise nicht akzeptabel ist, und zwar angesichts der Tatsache, daß Sie dieses Belastungspaket, das vor allem die Frauen in Österreich ganz massiv betroffen hat, Studentinnen wie Pensionistinnen, Berufstätige wie Hausfrauen, Alleinerzieherinnen wie Ehefrauen, arbeitslose Frauen wie Witwen, ebenso Frauen, die behinderte, alte oder kranke Angehörige zu pflegen haben, verhindern hätten können, und zwar durch Ihr Veto im Ministerrat. Sie sind Mitglied der Bundesregierung. Sie sitzen an den Schalthebeln der Macht. Sie haben nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Pflicht, Einspruch zu erheben, wenn die berechtigten Interessen der Frauen in der Regierung vom Tisch gewischt werden und wenn die Belastungen für Frauen so groß sind, daß ihre Existenzgrundlagen gefährdet sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben aber nicht das Recht, Frau Ministerin, in der Regierung zu schweigen, in den Medien zu jammern und auf der Straße zu demonstrieren. Sie dürfen sich dann auch nicht wundern, wenn Sie sogar in SPÖ-eigenen Veranstaltungen für diese Ihre Vorgangsweise ausgebuht werden.

Es ist dies auch, Frau Bundesministerin, kein Problem Ihrer mangelnden Kompetenz, die man Ihnen einräumt, weil Sie eben dieses entscheidende Machtinstrument des Einspruchs im Ministerrat haben. Kompetenz ist auch nicht etwas, was man nur zugeteilt bekommt, sondern Kompetenz muß man sich auch schaffen. Ich zitiere hier nur einen inzwischen schon sehr bekanntgewordenen und von Ihnen nie widersprochenen Artikel aus dem "Kurier", in dem es um die Regierungsklausur am Tulbingerkogel gegangen ist. Da heißt es: "Von der Regierungsklausur vergangenen Dienstag am Tulbingerkogel wird folgende Episode kolportiert: Die Regierung rang stundenlang um wichtige Vorhaben, unter anderem um die Aufhebung des Nachtarbeitverbots für Frauen. Die hierauf angesprochene Frauenministerin trug keinen Pieps zur Debatte bei. Plötzlich meldete sich die Grazerin unvermittelt zu Wort und sagte gedrechselt: ,Wir müssen im Westen eine Gleichbehandlungsbeauftragte installieren.’ Der für Personalia zuständige Kanzler Franz Vranitzky fragte irritiert: ,Hast du Unterlagen mit? Was würde das kosten?’ Konrad, aufgeregt – so heißt es hier –: ,Nein. Aber das wäre ja so wichtig und so schön ...’ Vranitzky: ,Beruhige dich doch, Helga ...’ Konrad, zusehends aufgeregter: ,Das ist ja mit den ÖVP-Frauen ausgemacht.’ Vranitzky, leicht genervt: ,Die sitzen aber nicht in der Regierung.’ Gelächter der Kollegen. Konrad, weinerlich" – so schreibt der "Kurier" –: ",Aber mit wem soll ich denn sonst reden? Ich habe ja niemanden, mit dem ich reden kann.’ Eine peinlich berührte Ministerrunde versuchte, sie zu beruhigen. Schließlich brummte der Kanzler, die Frauenministerin solle die Kosten berechnen und dem Ministerrat Bericht erstatten. Danach verfiel Konrad wieder in Schweigen."

Das, meine sehr geehrte Frau Ministerin, geht nicht: In der Regierung schweigen und in den Medien ankündigen. An Ankündigungen fehlt es in Ihrer Amtszeit nicht – angefangen bei der Kindergartenmilliarde über die Regionalisierung der Gleichbehandlungsanwaltschaften, über


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