Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 18

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Das Ergebnis sind mehr als 300 000 Arbeitslose. Das entspricht einer Arbeitslosenrate in der Höhe von 9,2 Prozent gemessen an der Gesamtbeschäftigung. Und wenn man sich vor Augen hält, daß es allein in der Baubranche im Jänner rund 88 000 Arbeitslose gibt, was eine Steigerung um fast ein Drittel bedeutet, dann, so meine ich, wird man das nicht allein durch das Anbringen von Wärmedämmung in öffentlichen Gebäuden beseitigen können. Da werden Sie sich, Herr Bundeskanzler, und Ihre Regierung sehr viel mehr einfallen lassen müssen.

Da werden Sie sich zum Beispiel überlegen müssen, ob Sie bereit sind, die Milliarden an Rücklagen in den Wohnbaugenossenschaften aufzulösen, damit diese Milliarden auch tatsächlich in den Wohnbau investiert werden, wodurch nicht nur die Bauwirtschaft angekurbelt und Tausende Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden, sondern auch Wohnungen für die mehr als 200 000 Wohnungssuchenden in unserem Land – ein Problem übrigens, zu dem wir bisher von Ihnen überhaupt noch nichts gehört haben.

Den Betroffenen – das sind in steigendem Ausmaß vor allem Frauen und Jugendliche – ist überhaupt nicht damit geholfen, wenn wir sagen, die Entwicklung der Arbeitslosigkeit bewegt sich genau im vorhergesagten Trend. Den Betroffenen ist auch überhaupt nicht geholfen, wenn sie von Ihnen, Herr Bundeskanzler, den väterlichen Rat erhalten, die verantwortlichen Minister zu peinigen, wenn es denen nicht gelingt, die Arbeitslosigkeit zu senken. Minister peinigen – das mag eine verführerische Vorstellung für manche sein und sichert einem bestimmt auch ein paar Lacher beim Villacher Fasching, aber aus dem Mund des verantwortlichen Regierungschefs ist das ein Hohn für jene Menschen, von denen Sie so oft sprechen, und das sind die "kleinen" Menschen mit den großen Problemen in diesem Land, denn diese hätten gerne von Ihnen gewußt, ob Sie zum Beispiel bereit sind, die hohen Lohnnebenkosten zu senken und damit einen wesentlichen Beitrag zur Arbeitsplatz- und Standortsicherung in diesem Land zu leisten. Denn so einfach ist es ja nicht, wie Sie gesagt haben, Herr Bundeskanzler, daß wir so gut ausgebildete Facharbeiter haben und sich wegen dieser reihenweise Betriebe in Österreich ansiedeln. Eine größere Anzahl von Betrieben geht weg aus diesem Land, und zwar deswegen, weil die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für sie nicht tragbar sind, da die Produktionskosten, vor allem aufgrund der Arbeitskosten, im internationalen Vergleich viel zu hoch sind.

Es ist auch schön, von Ihnen zu hören, Herr Bundeskanzler, daß Sie so wie alle Ihre Vorgänger der Meinung sind, die Steuer- und Abgabenquote in diesem Land soll tendenziell weiter sinken, und das Ausgabenwachstum soll eingebremst werden. Das ist eine Aussage von geradezu bestechender Schönheit, allerdings mit einem entscheidenden Fehler. Der wesentliche Punkt ist nämlich, wie Sie das machen wollen. Wie wollen Sie die Steuer- und Abgabenquote senken? Wie soll das Ausgabenwachstum eingebremst werden? Wie wollen Sie das mit einem Budget bewerkstelligen, in dem schon jetzt eine Lücke von 9,2 Milliarden Schilling klafft? Wie und wo wollen Sie konkret einsparen?

Sind Sie zum Beispiel bereit, die Sozialversicherungsanstalten zusammenzulegen? – Eine Forderung, die wir schon lange erheben und der sich Ihr Vorgänger, Herr Bundeskanzler Vranitzky, bereits vor fünf Jahren angeschlossen hat, und mit ihm viele Ihrer Kollegen in der Sozialdemokratischen Partei. Aber passiert ist bis heute nichts.

Sind Sie zum Beispiel bereit, die Lohnnebenkosten zu senken? Sind Sie bereit, die unsinnige Krankenscheingebühr abzuschaffen? Sind Sie bereit, mit der EU zu verhandeln, um die österreichischen Beitragszahlungen zu senken? Sind Sie bereit, die Familienbesteuerung sozial gerecht zu reformieren? Sind Sie bereit, den Pfusch beim Sparpaket rückgängig zu machen und zu garantieren, daß es zu keinem neuerlichen Belastungsschub kommt? Und sind Sie bereit, Ordnung zu schaffen bei den Politikerbezügen? Dazu haben wir zum Beispiel von Ihnen noch gar nichts gehört, obwohl das auch eine Frage ist, die die Österreicher zu Recht sehr interessiert. (Bundesrat Hüttmayr: Populismus!)

Lieber Herr Kollege Hüttmayr! Regen Sie sich doch nicht auf! Wo ist denn Herr Vizekanzler Schüssel? Er könnte doch eine Huldigungsadresse an den Herrn Bundeskanzler richten! Das ist ja wirklich schändlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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