Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 26

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lehrer Deutschlands, Klaus Stern, ein Mann, der Standardwerke geschrieben hat, zu seinem 65. Geburtstag in Köln eine Festschrift überreicht. Dann habe ich über Verfassungsrecht und Verfassungspolitik geschrieben, und ich habe mich schon vor einigen Monaten mit diesem Problem auseinandergesetzt.

Professor Pichler von der Wirtschaftsuniversität hat jetzt eine Festschrift überreicht bekommen, in der ich über Recht und Politik in Österreich geschrieben habe, näher ausführend, was ich jetzt nur andeute.

Meine Damen und Herren! Damit wir uns keiner Illusion bezüglich des Konsultationsmechanismus hingeben: Das Parlament entwickelt sich mehr und mehr zu einem Ratifikationsorgan des außerparlamentarisch Vereinbarten und Fixierten. Ich habe das in meiner Antrittsrede als Bundesratspräsident gesagt, ich sage das jetzt als Fraktionsobmann. Es gibt ganz wenige Punkte, in denen Herr Kollege Fischer und ich – "Kollege" kann ich aus akademischen Gründen sagen, weil er habilitiert und Titularprofessor ist, mit beachtenswerten Publikationen – einer Meinung sind, aber in diesem Punkt bin ich mit ihm ganz einer Meinung. Ich bin also erstaunt, wer sich aller für den Konsultationsmechanismus einsetzt, wobei die Nationalräte und Nationalrätinnen noch mehr "schluchzen" sollten als die Bundesräte, aber denen ist das anscheinend bei dieser Gesetzesflut noch gar nicht bewußt geworden, was da auf sie zukommt.

Aus staatsrechtlicher Sicht möchte ich gleich folgendes dazu sagen: Hier entscheiden die Exekutivorgane, was die Legislativorgane tun müssen! Schade, daß das Montesquieu nicht mehr erlebt! – Die Geschichte der Gewaltenteilung reicht ja von Hesiod über Aristoteles, John Locke, Montesquieu herauf bis Max Imboden. Ich könnte auch Kollegen Winkler und Professor Welan zitieren.

In meinem letzten Vortrag in der ETH in Zürich, kürzlich erschienen in der Zeitschrift für Schweizer Recht, habe ich neue Formen der Gewaltenteilung schon vor einem Jahr dargelegt. Aber ich sage Ihnen gleich, meine Damen und Herren: Hier verschiebt sich der Föderalismus vom Konstitutionellen immer mehr zum Existentiellen, was weder mit Sartre etwas zu tun hat noch mit dem Gabriel Marcel, je nachdem, ob Sie die nihilistische oder die christliche Prägung wollen.

Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren: Sie werden das verantworten müssen. Sie werden nämlich dann im Hohen Haus das verabschieden müssen, was außerhalb des Hohen Hauses vorbereitet und durchgeführt wurde. Ich lade Sie ein, die Kommentare in der Schrift über die Gehaltspyramide zu lesen, das, was über die Parlamentarier dort veröffentlicht wurde, denn danach werden wir ja bewertet – Sie wahrscheinlich länger als ich, weil ich meine Lebenszeit dann bald anders einteilen werde und dann freier schreiben kann, auch darüber noch mehr.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das hat verheerende Folgen für alle Beteiligten. Wer das nicht liest, denkt wahrscheinlich: Travnicek, für was braucht man das? Es wird Papier verbraucht und der Umweltschutz gefährdet.

Der Konsultationsmechanismus ist nur deshalb möglich geworden, weil man in den letzten Jahren von den politischen Parteien her die Parlamentarier gezwungen hat, öfters gegen Länderinteressen zu entscheiden, aufgrund einer Prägung des sogenannten freien Mandates, das sich Abbe Sieyes bei der Französischen Revolution, um auch diese zu zitieren, anders vorgestellt hat. Das ergibt sich aus seinen Schriften "Was ist der dritte Stand?", nachlesbar im Neudruck.

Man tut jetzt außerhalb des Parlaments das, was wir innerhalb des Parlaments schon immer tun wollten und sollten. Wir Bundesräte wollten niemals Gesetzen zustimmen, die ohne Zustimmung der Länder diese finanziell belastet haben. Und jeder von Ihnen hier kann ja sein Schicksal erzählen, wenn er zu Hause gesagt hat, er möchte nicht dafür sein, weil damit sind finanzielle Belastungen verbunden. Ich wollte das heute sagen, daß das einmal im Protokoll steht, nicht daß die Leute in der Geschichtsschreibung glauben, wir hätten das übersehen – ich am wenigsten.


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