Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 34

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deutsch: Jede Position ist kein Privileg, sondern sie ist eine Verpflichtung. Jedes Gesetz ist für die Menschen da und nicht die Menschen für die Gesetze.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Ende dieser Zeilen steht: Ich glaube – das schreibt Rockefeller, aber an dem ist er nicht alleine gestorben –, die Liebe ist das Wichtigste im Leben. – Das ist sicherlich auch sehr wichtig, aber ich würde sagen, Freundschaft und Humanität sind noch wichtiger, denn sie überwinden den Haß und den Gegensatz.

Meine Damen und Herren! Mit einem Gesetzesbeschluß wird Recht beschlossen und normiert. Wir sind einer Meinung, wir sollten uns bemühen – das wünsche ich Ihrer Regierung –, und wir sollten es uns gemeinsam, auch das Parlament, vornehmen, daß wir normieren und motivieren, wir sollten uns gemeinsam bemühen, daß die Legalität mit der Humanität zu einer glaubwürdigen Menschlichkeit in unserem Staate führen kann. Lassen Sie mich das heute, in einer Zeit sagen, in der immer weniger Menschen wissen, warum sie etwas tun, zahlen oder leisten sollen, und in der auch wegen einer nicht von allen verstandenen Staatsordnung eine immer größere Zahl von Alternativ- und Kontroversiellstatisten in unser pluralistischen Gesellschaft auftreten.

Wir sollten daher auch die Gelegenheit dieser Regierungsumbildung, die ein Wunsch der SPÖ war, in jeder Partei dazu nehmen, die Politik in pro und kontra verständlicher zu machen.

Herr Bundeskanzler! Ich danke Ihnen für Ihre Erklärung. Wir sind in der Koalitionsverantwortung, wir werden im Rahmen des uns Möglichen Ihre Entscheidungen mittragen. Ich wünsche aber Ihnen allen, daß wir zum Zeitpunkt X, denn Wahltag ist Zahltag, im Jahre 1999 – dazu werde ich hier keine Kommentare mehr abgeben, aber mir als Staatsbürger einiges denken – nicht die Empfindung haben müssen, das Recht, das vom Volk ausging, wäre am Volk ausgegangen, sondern daß man mit dem Volk das richtige Recht setzt. Wir im Bundesrat sind dazu gerne bereit. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

11.15

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Rockenschaub. – Bitte.

11.15

Bundesrat Dr. Michael Rockenschaub (Freiheitliche, Oberösterreich): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Sehr geehrte Mitglieder der Bundesregierung! Frau Präsidentin! Mein Vorredner, Herr Präsident Schambeck, hat das politische System in Österreich so gut durchleuchtet und auch massiv kritisiert, daß dem in vielen Dingen nichts hinzuzufügen ist und man auch aus oppositioneller Sicht in vielen Äußerungen bis hin zur Begeisterung zustimmen und mitgehen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, Bundeskanzler Vranitzky war die letzten Jahre vielleicht der konservativste Regierungschef, der in Europa an der Macht war. Mit dem Abgang des Bundeskanzlers Vranitzky endet in Österreich de facto die Nachkriegsordnung, die Zweite Republik. Der neue Bundeskanzler hat ja eine Andeutung in diese Richtung gemacht, indem er von den gesellschaftlichen Veränderungen der letzten 50 Jahre gesprochen und darauf hingewiesen hat, daß man auch endlich im politischen System zu Veränderungen bereit sein müßte. Mit dem Abgang des Bundeskanzlers Vranitzky hat das politische System in Österreich eine neue Chance auf Ideenwettbewerb statt Hexenverfolgung, eine Chance auf Diskussion statt hysterischer Unterstellung.

Ich möchte auf ein Prinzip der Psychologie verweisen, das lautet: Wenn der Leidensdruck steigt, dann steigt auch die Reformbereitschaft. – Das gilt aber auch umgekehrt: Wenn der Leidensdruck sinkt, dann sinkt die Reformbereitschaft. – Insofern habe ich eine gewisse Skepsis, ob die angekündigten Reformen auch angesichts der Hochstimmung bei den Sozialdemokraten durchgeführt werden. Das heißt, es könnte durchaus sein, daß aufgrund dieser Hochstimmung die Bereitschaft in der Sozialdemokratischen Partei, dem neuen Vorsitzenden und Kanzler zu folgen, ab- statt zunimmt, weil die Meinungsumfragen jetzt wieder wesentlich günstiger sind als vor einigen Monaten.


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