Bundesrat Stenographisches Protokoll 622. Sitzung / Seite 35

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Präsident Schambeck hat auch davon gesprochen, daß man Beiträge leisten sollte, um den Menschen Angst zu nehmen und nicht durch falsche Politik das Gegenteil zu erreichen. In diesem Zusammenhang fällt mir die Sache mit der Sparbuchanonymität ein, meine Damen und Herren! Jeder Interessierte weiß, daß die Sparbuchanonymität spätestens mit der Einführung des Euro fallen wird. Aber der ehemalige Finanzminister und jetzige Bundeskanzler versucht, in der Öffentlichkeit hinhaltenden Widerstand zu leisten, anstatt der Bevölkerung die Wahrheit zu sagen. Genau das ist ein Beitrag dazu, wie man Angst bei Sparern erzeugt und nicht vermeidet.

Der neue Bundeskanzler hat sich in Überschriften ein großes Reformprogramm vorgenommen. Er hat von der notwendigen Eigenkapitalbildung, der Reform der Gewerbeordnung, des Arbeitsrechtes, einer Exportoffensive, der Stärkung der Klein- und Mittelbetriebe gesprochen, der Staat soll als Dienstleister ausgebaut werden, eine Ausbildungsoffensive sei gefordert. All das ist richtig, ich kann dem zustimmen. Allerdings sind wir Freiheitlichen – und da bitte ich um Verständnis – natürlich skeptisch und mißtrauisch geworden, denn diese Ankündigungen hören wir im Grunde genommen seit dem Jahre 1986 mit jeweils etwas veränderten Überschriften und Phrasen, aber das ist uns alles nicht neu. Wir werden sehen, ob es diesmal wieder nur bei Ankündigungen bleibt oder ob mehr dahinter steckt.

Ich komme auf das Beispiel der Sicherheitspolitik zu sprechen, in bezug auf die der Bundeskanzler in seiner heutigen Erklärung völlig ausgewichen ist. Er spricht von Optionen, die Österreich in der europäischen Sicherheitspolitik hätte, nennt jedoch diese Optionen nicht. Er meinte, man wolle beobachten. – Das ist aber keine besonders starke Leistung, wenn sich ein EU-Mitglied im Herzen Europas auf eine Beobachterrolle zurückzieht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich hätte endlich einmal gerne von dieser Bundesregierung gewußt, welches Konzept ... (Bundesrat Prähauser: Er hat von Mitarbeit gesprochen! – Bundesrat Ing. Penz: Das Wort "Mitarbeit" kennt die FPÖ nicht!) – Nein, er hat von beobachten gesprochen, Herr Kollege, da habe ich genau aufgepaßt. Meinetwegen hat er sogar von Mitarbeit gesprochen, nur das Ziel ist wiederum nicht definiert worden. Eine Bundesregierung, die in Sachen europäischer Sicherheitspolitik zu keiner Zielformulierung bereit ist, Herr Kollege, ist doch eine mehr als schwache Sache. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es gibt ja mehrere Optionen. Vielleicht wollen manche eine Art Sicherheitsinsel, eine Insel der Seligen innerhalb eines NATO-Gebietes werden und warten, bis wir von NATO-Staaten umzingelt sind (Bundesrat Meier: Na und?) , und dann mit dem Bundesheer etwas anfangen oder auch nicht. Man kann über jedes Ziel diskutieren.

Einige – Kollege Cap zum Beispiel – wollen der NATO beitreten, ein Berufsheer machen. Da wären wir auf einer Linie. Es ist aber unheimlich mühsam, bis das auf Regierungsseite durchgeht – die Freiheitlichen haben ja seit 1990 diesbezügliche Diskussion geführt und das als erste erkannt. Jetzt sind sieben Jahre vergangen, und die Regierung ist immer noch nicht bereit, sich hier zu positionieren. Das finde ich, noch einmal gesagt, eine schwache Angelegenheit.

Man muß verstärkt folgende Fragen stellen: Kommt die Auflösung des Reformstaus? Kommt der Abbau der Gesetzesflut? – Unternehmer und Bürger stöhnen aufgrund der vielen Vorschriften und dem Gesetzesdschungel. – Kommt das neue Gewerberecht? Kommt der Abbau von Privilegien und – mein Vorredner hat davon gesprochen – unverschämten Gehältern in den geschützten Bereichen? Kommt die Liberalisierung im Medienrecht? Kommt die Abschaffung des ORF-Monopols? Werden all diese Ankündigungen umgesetzt, oder werden sie im Funktionärsapparat der Regierungsparteien hängenbleiben?

Meine Damen und Herren! Eine etwas seltsame Rolle hat die kleinere Regierungspartei bei der ganzen Sache gespielt, also die ÖVP. Mir ist aufgefallen, daß der Vizekanzler angesichts der Meldung im Fernsehen zum Kanzlerwechsel sichtbar beleidigt war, weil er davon so spät erfahren hätte. Er hat in der Folge als eine Art Trotzreaktion eine Mitsprache bei der Bestellung des Finanzministers verlangt. Diese Mitsprache hat ihm der neue Bundeskanzler anscheinend auch eingeräumt.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite